Aus aktuellem Anlass noch ein Nachtrag zum Thema …
Heute vor genau einem Jahr wurde die
Vereinbarung zur friedlichen Beilegung der Krise in der Ukraine unterzeichnet.
Durch die filmische Aufbereitung des Obama-Interviews durch den US-Sender CNN wird geradezu suggeriert, dass mit der „
Abmachung zum Machtwechsel“ das „
Agreement on the Settlement of Crisis in Ukraine“ (Vereinbarung über die Beilegung der Krise in der Ukraine) gemeint wäre.
Bei Obamas Worten werden Fotos von der Unterzeichnung des Abkommens im Hintergrund eingeblendet, die dann entsprechende Assoziationen wecken sollen.
Warum will man uns etwas so nachdrücklich glauben machen ?
Die Vereinbarung vom 21. Februar 2014 ist nicht die Abmachung zum Machtwechsel, die von den USA
vermittelt wurde.
Nein, es ist eine Vereinbarung, die von den USA verhindert wurde !
Dieses Abkommen wurde bereits am nächsten Tage gewaltsam gebrochen. Es gab keine Übergangsregierung der nationalen Einheit aus Vertretern von beiden Seiten – der damaligen Regierungspartei und der Opposition, wie vereinbart worden war.
Nein, auf den Posten des Ministerpräsidenten kam der Wunschkandidat der Amerikaner, Arsenij Jazenjuk.
Wer konnte sich bei der Postenvergabe durchsetzen ?
Wer sich im „regime change“ am meisten engagiert hatte ? Wer das meiste Geld „investiert“ hatte ?
Wir erinnern uns noch gut an das mitgehörte Telefonat der stellvertretenden US-Außenministerin Victoria Nuland mit dem US-Botschafter in Kiew, in dem sie sich sehr unfreundlich über die Europäische Union äußerte und zu verstehen gab, dass man auf die Initiativen der EU wenig Wert läge. Bereits in diesem Gespräch, welches am 4. Februar 2014 öffentlich wurde, sagte sie ganz deutlich, dass sie Jazenjuk favorisiere, während sie Klitschko von einer künftigen Regierung fernhalten wolle.
(Klitschko war zuvor vom damaligen Präsidenten Janukowitsch der Posten des stellvertretenden Ministerpräsidenten in einer Übergangsregierung angeboten worden.)
Infolge des gewaltsamen Machtwechsels in Kiew konnte die US-Regierung
ihre Vorstellungen durchsetzen –
gegen die Europäische Union.
Nein, die Krise in der Ukraine wurde nicht beigelegt, wie es das Abkommen vom 21. Februar 2014 vorsah, sondern dramatisch verschärft infolge der gewaltsamen Machtergreifung.
Die selbsternannte „Übergangsregierung“ hatte nichts eiliger zu tun, als die eigene Bevölkerung im Osten des Landes zu diskriminieren.
(Man stelle sich vor, in der Schweiz würde eine nicht-legitimierte Regierung das Französische als offizielle Sprache abschaffen und nur noch Deutsch zulassen. Was würde das für eine Reaktion hervorrufen – national und international ?)
In der Ukraine gab es aufgrund des Staatsstreiches zunächst die friedlichen Massendemonstrationen mit zehntausenden Teilnehmern im Osten und Süden des Landes, in Charkow, Lugansk, Donezk und Odessa. Später folgten dann Besetzungen von öffentlichen Gebäuden.
Danach hat die Regierung in Kiew mit stetig zunehmender Repression gegen die eigene Bevölkerung reagiert, bis hin zum Bürgerkrieg mit mehr als 5000 Toten und über einer Million Flüchtlingen.
Bisher hatten wir uns nur auf den zweiten Teil von US-Präsident Obamas Aussage konzentriert. Der erste Teil verdient es ebenso, näher beleuchtet zu werden.
Zitat Obama:
“And since Mr. Putin made this decision around Crimea and Ukraine - not because of some grand strategy, but essentially because he was caught off-balance by the protests in the Maidan and Yanukovych then fleeing after we had brokered a deal to transition power in Ukraine - since that time, this improvisation that he's been doing …”
US-Präsident Obama sagt, dass Putins Reaktionen nicht Teil einer „
großen Strategie“ waren, sondern vielmehr aus der Situation heraus erfolgten. Er spricht sogar von „
Improvisation“.
(Und die meisten Medien hierzulande wollten uns ein ganzes Jahr lang erklären, dass Putin einen ausgeklügelten Plan ausgeheckt habe, um ein „Russisches Imperium“ oder „Putins Reich“ zu errichten.)
Obama sagt weiter, dass „
Herr Putin überrascht wurde“ (he was caught off-balance). Also die zeitliche Abfolge ist laut Obama diese:
1. „Wir haben eine Abmachung zum Machtwechsel vermittelt.“
2. „Janukowitsch ist danach geflohen.“
3. „Putin wurde davon (und zuvor von den Maidan-Protesten) überrascht.“
Dazu drängen sich mir folgende Fragen auf:
Warum konnte ein so rational denkender Politiker wie der russische Präsident Putin überrascht worden sein ?
Hat er etwa dem Westen zu sehr und zu lange vertraut ?
Hat Russland den Westen als Partner sehen wollen und nicht als Gegner ?
Was ist das für eine Art, Politik zu machen, wenn man darauf setzt, andere schlichtweg zu überrumpeln ?
Zieht man in Washington nicht in Betracht, auf die Interessen anderer Rücksicht zu nehmen und Gegensätze im Dialog auszugleichen ?
Kann man sich in Washington, Brüssel und Berlin eine Vorstellung davon machen, wie dies auf die Bevölkerung in der gesamten Russischen Föderation wirken muss ?
Mein Fazit ist:
Die Vereinbarung vom 21. Februar 2014 ist nicht die Abmachung zum Machtwechsel, die US-Präsident Obama meint, denn diese sollte eine
friedliche Lösung der Krise in der Ukraine herbeiführen, unter Einbeziehung der
Interessen aller Seiten - keine Gewalt, kein Bürgerkrieg, kein politischer Coup.
Was Obama meint, ist eine nicht-offizielle Abmachung zu einem Machtwechsel, der dann letztlich auf gewaltsame Weise stattfand. Dies ergibt sich daraus, dass es keine weiteren offiziell verhandelten Abkommen gegeben hat, die eine Machtübergabe vorsahen.