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»This is not Greece« - Die Emanzipation der Demokratie

Verfasst: 11. August 2015, 10:48
von Maren
Die Konferenz »This is not Greece« in Hamburg demontierte deutsche Zerrbilder Griechenlands

"Seit dem 13. Juli diesen Jahres ist die Europäische Union nicht mehr die alte – nicht nur, weil dieses Datum für die Fortsetzung und weitere Verschärfung jener Sparpolitik in Griechenland steht, die rund zwei Wochen zuvor von einer Mehrheit der griechischen Bevölkerung abgelehnt wurde. Der 13. Juli markiert auch die Rückkehr des hässlichen Deutschen, der in Gestalt des deutschen Finanzministers Schäuble kein Pardon gegenüber Athen kennt und bereit ist, deutsche Übermacht gegen alle ökonomische, politische und historische Vernunft allein um ihrer selbst willen auszuspielen. Eine von antigriechischen Ressentiments besoffene nationale Presse bemühte sich zudem nach Kräften, das Bild der verschwenderischen, faulen und unehrlichen Griechen mit dem Phantasma des rechtschaffenen teutonischen Frühaufstehers zu kontrastieren.

Statt über Sparauflagen und erzwungene Privatisierungen diskutierte man lieber über den Kleidungsstil des griechischen Finanzministers, anstatt die tatsächlichen Interessengruppen und Geldströme in der EU zu beschreiben, konstruierten deutsche Journalisten in pflichtbewusst-patriotischem Einklang mit ihrem Minister lieber das Subjekt des »deutschen Steuerzahlers«, dessen hart erarbeiteter Euro von vergnügungssüchtigen Griechen verjuxt werde.

Unterbrochen wurde diese Erzählung nur von wenigen Medien und Journalisten, von denen sich einige am vergangenen Wochenende zu einer Konferenz in Hamburg trafen. »This is not Greece« war die zweitägige Veranstaltung auf Kampnagel überschrieben, die dem neoliberalen Verblendungszusammenhang der Gegenwart nach- und dabei weit über den erwähnten medialen und politischen Diskurs in Deutschland hinaus ging.

Von der bewussten Reproduktion nationaler Stereotypen in den meisten deutschen Medien über die fehlende demokratische Legitimation der Troika bis zur schleichenden Privatisierung staatlicher Souveränität entfaltete die von Margarita Tsomou und Eike Wittrock initiierte Veranstaltung ein politisches Panorama der häufig als bleiern empfundenen totalkapitalistischen Gegenwart.

So herrschte etwa weitreichende Übereinstimmung, dass das dritte Memorandum eine wichtige Wegmarke beim derzeit stattfindenden schleichenden Übergang zu einer neuartigen Form autoritärer Kapitalherrschaft markiere oder dass die Erpressung der Tsipras-Regierung durch den Euro-Hegemon Deutschland als »Coup d’etat« durch die Merkel-Regierung zu bewerten sei."

Quelle 1: Neues Deutschland
Quelle 2: Audiomitschnitt der Veranstaltung – Voicerepublic