Nachrichtenunterdrückung am 05./06. 12. 2014 betr. Prominenten-Appell

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Maren
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Nachrichtenunterdrückung am 05./06. 12. 2014 betr. Prominenten-Appell

Beitrag von Maren »

An
Frau Ute Schildt,
Vorsitzende des NDR-Rundfunkrats

Herrn
Intendant Lutz Marmor
Intendant NDR

Herrn Ruprecht Polenz
Vorsitzender des ZDF-Fernsehrates

Herrn Thomas Bellut
Intendant des ZDF


Beschwerde wegen Verstoßes gegen §§ 5, 7 und 8 NDR-Staatsvertrag

resp. §§ 5 und 6 ZDF-Staatsvertrag

Hier: Nachrichtenunterdrückung am 05./06. 12. 2014 betr. Prominenten-Appell

„Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“


Sehr geehrte Frau Schildt, sehr geehrte Herren Polenz, Marmor und Bellut,

wir erheben hiermit Beschwerde über die Nachrichtengestaltung der Redaktionen von Tagesschau und Tagesthemen sowie der Redaktionen von heute und heute-journal wegen Verstoßes gegen wesentliche Bestimmungen des NDR-Staatsvertrages resp. des ZDF-Staatsvertrages – begangen mittels unterlassener Berichterstattung. Wir sehen in dem im Betreff genannten Vorgang einen schwerwiegenden Fall von Nachrichtenunterdrückung.

Am 5. Dezember richteten in der Wochenzeitung Die Zeit 60 herausragende Mitbürger aus Wissenschaft, Kultur, Politik und Wirtschaft einen Friedensappell an Bundeskanzlerin Merkel, an die Mitglieder der Bundesregierung, des Bundestages und an weitere Entscheidungsträger in Politik und Medien:

„Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“

http://www.zeit.de/politik/2014-12/aufr ... and-dialog

Zu den Erstunterzeichnern dieses Appells gehören ein ehemalige Bundespräsident, ehemalige Bundestags-VizepräsidentInnen, ein Ex-Bundeskanzler, Minister, Staatsekretäre, Abgeordnete und viele über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannte Kulturschaffende, Wissenschaftler und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Trotz des Gewichts, den der Appell und seine Initiatoren fraglos haben – eine wortgleiche Petition wurde übrigens mittlerweile von vielen tausend Mitbürgern unterzeichnet und erfährt weiter großen Zuspruch – berichteten die wichtigsten TV-Nachrichtensendungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit keinem Wort über diesen Friedensaufruf.

ARD und ZDF bestätigten mit dieser manipulativen Nachrichtengestaltung einmal mehr ihre Parteilichkeit, regierungshörigen Konformismus und Mangel an journalistischer Unabhängigkeit. Offenbar sollte der Appell, die Kanzlerin möge den gegenwärtigen, Kriegsgefahr heraufbeschwörenden Kurs verlassen und zu einer neuen Entspannungspolitik finden, der bundesweiten Öffentlichkeit vorenthalten werden.

Wir betrachten diese hermetische Informationspolitik der Redaktionen als Nachrichtenunterdrückung und als einen schwerwiegenden Verstoß gegen folgende staatsvertraglichen Bestimmungen:

seitens des NDR (für die ARD):

§ 5 Programmauftrag

(1) Der NDR hat (...) einen objektiven und umfassenden Überblick über das (...) Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sein Programm hat der Information (...)zu dienen.

§ 7 Programmgrundsätze

(...) Das Programm des NDR soll (...) die internationale Verständigung fördern, für die Friedenssicherung (...) eintreten (...)

§ 8 Programmgestaltung

(1) Der NDR ist (...) zur Wahrheit verpflichtet. (...) (...) Ziel aller Informationssendungen ist es, sachlich und umfassend zu unterrichten und damit zur selbständigen Urteilsbildung der Bürger und Bürgerinnen beizutragen. (2) Berichterstattung und Informationssendungen (...) müssen unabhängig und sachlich sein.. (...)

seitens des ZDF

§ 5 Gestaltung der Sendungen

(1) In den Sendungen des ZDF soll den Fernsehteilnehmern (...) ein objektiver Überblick über das Weltgeschehen, insbesondere ein umfassendes Bild der deutschen Wirklichkeit vermittelt werden. Die Sendungen sollen eine freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung fördern.

(2) Das Geschehen in den einzelnen Ländern und die kulturelle Vielfalt Deutschlands sind angemessen im Programm darzustellen.

(3) Das ZDF hat in seinen Sendungen (...) der Verständigung unter den Völkern (zu) dienen und auf ein diskriminierungsfreies Miteinander hinwirken.

§ 6 Berichterstattung

(1) Die Berichterstattung soll umfassend (...) und sachlich sein

Wir halten unsere Feststellung für selbsterklärend, dass mit der Unterlassung, über den Appell in den angesprochenen Nachrichtensendungen zu informieren, gravierend gegen die zitierten gesetzlichen Bestimmungen verstoßen wurde und fordern daher Sie und Ihre Gremien zu kritischer Prüfung und Korrektur auf.

Mit höflichen Grüßen

Volker Bräutigam

Friedhelm KLinkhammer

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Maren
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Re: Nachrichtenunterdrückung am 05./06. 12. 2014 betr. Prominenten-Appell

Beitrag von Maren »

Von: Zuschauerredaktion <info@daserste.de>
An: 'V Bräutigam' <v.braeutigam@googlemail.com>


Sehr geehrter Herr Bräutigam,

vielen Dank für Ihre E-Mail an den Intendanten des Norddeutschen Rundfunks Lutz Marmor, die wir zuständigkeitshalber gerne beantworten.
Wir bedauern, dass Sie den Eindruck gewonnen haben, das Erste berichte nicht adäquat über den Aufruf von 60 prominenten Persönlichkeiten „Nie wieder Krieg in Europa. Nicht in unserem Namen“.

Christian Nitsche, zweiter Chefredakteur von ARD-aktuell äußerte sich wie folgt: „Dass verschiedene Qualitätsmedien erst mit etwas Abstand auf den Appell eingegangen sind, mag daran liegen, dass der Freitag bundespolitisch dominiert war von der Wahl von Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten. Auch ansonsten war der Tag nachrichtenstark. Den Aufruf an diesem besonderen Tag relativ spät zu veröffentlichen, haben die Initiatoren sicher im Nachhinein selbst als weniger gelungen empfunden.“

Thomas Roth, Tagesthemen-Moderator, hat den Appell gestern in einem Interview mit Angela Merkel angesprochen. Die Redaktion hat damit dem Aufruf auf der Nachrichtenebene großes Gewicht beigemessen

Das Erste berichtet seit fast einem Jahr ausführlich und fundiert über die Situation zwischen den rivalisierenden Gruppen in der Ukraine und wird das auch weiterhin tun. Diese findet vor allem in ausführlichen Beiträgen in den Nachrichtensendungen statt, für die das Studio Moskau seine Mitarbeiter selbstverständlich vor Ort entsendet, damit sie sich ein vollständiges Bild von der Lage machen können. Aktuelle Informationen über die Ukraine hat Das Erste aber auch schon in Form von „Brennpunkt“-Sendungen geliefert. Die Hintergründe für den Konflikt wurden in Talkshows bereits genauso erörtert wie in den Kommentaren der ARD-Experten.

Grundsätzlich können wir Ihnen mitteilen, dass die Journalisten der ARD bei ihrer Arbeit als oberstes Ziel verfolgen, gründlich zu recherchieren, Fakten zu erhärten und sie verständlich darzustellen. Bei der Auswahl der Themen orientieren sich die Redaktionen an journalistischen Nachrichtenkriterien.

Keinesfalls ist das Erste Deutsche Fernsehen einer politischen Instanz, Partei oder sonstigen Interessengruppen in besonderer Weise verpflichtet. Das öffentlich-rechtliche ARD-Gemeinschaftsprogramm wird aus Rundfunkbeiträgen finanziert und arbeitet frei von staatlicher Einflussnahme. In den Kontrollgremien der Landesrundfunkanstalten achten Vertreter aller gesellschaftlichen Gruppen darauf, dass journalistische und ethische Standards eingehalten werden.

Wir hoffen, dass wir Ihnen unsere Haltung einsichtig machen konnten. Dennoch haben wir Ihre Kritik aufmerksam überprüft. Anmerkungen wie Ihre helfen uns beim Bemühen, die Programmqualität des Ersten zu sichern und weiter zu verbessern.


Wir wünschen Ihnen eine friedliche Adventszeit und verbleiben

mit freundlichen Grüßen


Erstes Deutsches Fernsehen
Programmdirektion
Zuschauerredaktion Das Erste
Postfach 200665
80006 München
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Maren
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Re: Nachrichtenunterdrückung am 05./06. 12. 2014 betr. Prominenten-Appell

Beitrag von Maren »

Frau Ute Schildt,
Vorsitzende des NDR-Rundfunkrats
Hamburg
Rothenbaumchaussee 131

(p. E-Mail Gremienbuero@ndr.de)


Nichtbefassung der NDR-Aufsichtsgremien mit Programmbeschwerden


Hier: Beschwerde wegen Nachrichtenunterdrückung am 05./06. 12. 2014 betr. Prominenten-Appell

„Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“

Sehr geehrte Frau Schildt,

anstelle zumindest Ihrer Zwischennachricht, dass der NDR-Rundfunkrat sich mit der o.a. Programmbeschwerde ordnungsgemäß befassen werde, erhielt ich das Schreiben von der ARD-Zuschauerredaktion aus München (Anhang 1). Damit dokumentiert sich ein grotesk regelwidriger Umgang mit einer formlichen Beschwerde über eine vom NDR zu verantwortende Sendung, ganz abgesehen davon, dass die in dem ARD-Schreiben zitierten Erläuterungen des Zweiten Chefredakteurs von ARD-aktuell, Nitsche, nur ein beschämendes Unverständnis von den Aufgaben seiner Redaktion bloßlegen.

Ganz was Neues: Eine "Zuschauerredaktion" anstelle gewählter Aufsichtsgremien behandelt Programmbeschwerden und bedient Beschwerdeführer mit ein paar gestammelten Pseudo-Erklärungen des kritisierten Chefredakteurs. "Zuständigkeitshalber", heißt es in dem Text dieser bloßen Service-Einrichtung der ARD. Obwohl nicht einmal die ARD selbst legitimiert ist, Programmbeschwerden inhaltlich zu behandeln und zu bescheiden. Es fehlen ihr dafür bekanntlich alle gesetzlichen und strukturellen Voraussetzungen.

Hingegen ist in der Verwaltungsvereinbarung der Landesrundfunkanstalten über die Einrichtung der Zentralredaktion ARD-aktuell im Abschnitt "Programmverantwortung" (Pos. 5.3. ff, s. Anhang 2) eindeutig und presserechtskonform geregelt, dass für die Nachrichtensendungen von Tagesschau, Tagesthemen usw. zwar zunächst die einzelnen zuliefernden Landesrundfunkanstalten verantwortlich sind, letztverantwortlich jedoch der NDR als Sitz der ARD-aktuell-Zentralredaktion. Daraus folgt auch die Zuständigkeit des NDR-Rundfunkrats für Programmbeschwerden, die sich auf diese Nachrichtensendungen beziehen.

Ein verständiger Blick in die Verwaltungsvereinbarung zeigt im übrigen, dass Ihre sonstige Praxis, Programmbeschwerden gegen ARD-aktuell-Sendungen gegebenenfalls einfach nur an andere Landesrundfunkanstalten durchzureichen und Ihr eigenes, letztlich zuständiges Gremium damit nicht zu befassen, ebenfalls regelwidrig ist.

Höflich grüßt
Volker Bräutigam
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Maren
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Re: Nachrichtenunterdrückung am 05./06. 12. 2014 betr. Prominenten-Appell

Beitrag von Maren »

Unsere Programmbeschwerde v. 10.12. 2014/Unterschlagung von Informationen über den Appell der 64 Prominenten zum Kurswechsel gegenüber Russland

Hier: Ihre sowie der Chefredaktion ARD-aktuell Stellungnahme v. 09.01. 2015

Sehr geehrter Herr Marmor,

wir bedanken uns dafür, dass Sie unsere o.a. Beschwerde unter voller Nutzung der dafür vorgesehenen Monatsfrist an deren letztem Tag noch beantwortet haben. Da Sie in der Entscheidung der ARD-aktuell-Chefredaktion den offensichtlichen Verstoß gegen den NDR-Staatsvertrag "nicht zu erkennen" vermögen, bitten wir Sie, darüber nunmehr den NDR-Rundfunkrat befinden zu lassen.

Wir bestehen auf einer Überprüfung seitens des Rundfunkrates, ob es mit dem staatsvertraglichen Gebot zur vollständigen Information, zur Friedensförderung und Völkerverständigung vereinbar war, den Appell der 64 prominenten deutschen Elder Statesmen und anderer bedeutender Persönlichkeiten zur Kursänderung gegenüber Russland in den Hauptnachrichtensendungen zu verschweigen. Der Umstand, dass am selben – „nachrichtenstarken“ – Tag der thüringische Ministerpräsident gewählt worden ist, kann die redaktionelle Nichtbeachtung des Aufrufs nicht rechtfertigen. Journalistische Professionalität verlangt eine vertretbare Abwägung. Dieses Auswahlermessen wurde hier offensichtlich fehlerhaft ausgeübt. Unübersehbar ist der Grund für die Verschweigung des Aufrufs nicht der angeblich „historische Charakter“ der thüringischen Wahl (das „Historische“ am Ramelow in Erfurt ist schon nach einem Monat nicht mal mehr unterm Mikroskop zu erkennen; eine kompetente Redaktionsleitung hätte das mit vergleichendem Blick auf den „historischen“ Stuttgarter Kretschmann bedacht). Maßgebend war vielmehr die peinliche Servilität der Nachrichtenredaktion im Verhältnis zur Bundesregierung.

Es verwundert sehr, dass Chefredakteur Gniffke sich abermals auf Usancen der sog. Qualitätsmedien beruft und damit jegliche Eigenständigkeit und Anspruch auf eine Vorbildfunktion der öffentlich-rechtlichen TV-Nachrichten missen lässt – ­­obgleich diesbezügliche Erwartungen in Kenntnis seiner bisherigen Argumentation naturgemäß gering waren. Hingegen hoffen wir noch, im NDR-Rundfunkrat ein dem Gesetz und den Aufgabenstellungen des Rundfunkstaatsvertrags verpflichtetes Bewusstsein zu finden. Bei unseren Programmbeschwerden bestärkt uns der Wunsch, entsprechende Fundstücke wegen ihres Seltenheitswerts der Öffentlichkeit präsentieren zu können.

Mit freundlichem Gruß

Volker Bräutigam

Friedhelm Klinkhammer
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Re: Nachrichtenunterdrückung am 05./06. 12. 2014 betr. Prominenten-Appell

Beitrag von Maren »

Etwas entgegen der Reihenfolge, aber der Vollständigkeit halber hier noch die Antwort des Chefredakteurs Dr. Gniffke auf die Beschwerde von Herrn Bräutigam und Herrn Klinkhammer.
Gniffke zu Aufruf_V.B..pdf
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Maren
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Re: Nachrichtenunterdrückung am 05./06. 12. 2014 betr. Prominenten-Appell

Beitrag von Maren »

Die Antwort und zu erwartende Entscheidung des NDR-Rundfunkrates
PS 15 04 10 von RR.pdf
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sowie die Entgegnung der Herren Bräutigam und Klinkhammer auf die gewohnte Parteinahme der gesetzlichen Vertretung des Publikums für die Anstalten.
PS 15 04 19 an RR.pdf
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