ZDF: Falschdarstellung zu Verlauf der OPCW-Untersuchung im syrischen Duma

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Maren
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ZDF: Falschdarstellung zu Verlauf der OPCW-Untersuchung im syrischen Duma

Beitrag von Maren »

ZDF
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Herrn Bellut
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55127 Mainz


Programmbeschwerde zu ZDF „heute“ am 16.04.2018, 19:00 Uhr - Falschdarstellung zu Verlauf der OPCW-Untersuchung im syrischen Duma

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der Sendung ZDF „heute“ am 16.04.2018 berichteten Sie unter anderem über den Verlauf der Vor-Ort-Untersuchung des Teams der OPCW im syrischen Duma, einem Ort in dem vor kurzem befreiten Gebiet Ost-Ghouta, östlich von Damaskus. Sie behaupteten, dass die russische und die syrische Seite noch auf Sicherheitsgenehmigungen seitens der UNO warten würden, und dass diese doch aber bereits erteilt worden seien. Sie erweckten den Eindruck, dass die russische und die syrische Seite die Untersuchungstätigkeit des OPCW-Teams gezielt behindern würde.

Dieses war eine Falschdarstellung in Ihrer Haupt-Nachrichtensendung „heute“. Die tatsächlichen Hintergründe sind etwas differenzierter. Dazu möchten wir aus dem deutschen Internetportal „Telepolis“ zitieren, wo noch unabhängiger Journalismus zu finden ist:

Quelle: Thomas Pany (16.04.2018)

Thomas Pany bezieht sich unter anderem auf einen Lagebericht des Generaldirektors der OPCW.

„ … Die Faktenfinder-Mission (FFM) der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) ist seit 14. April in der syrischen Hauptstadt Damaskus, kann aber bis auf weiteres nicht die Stätte des mutmaßlichen Giftgas-Angriffs in Douma am 7. April besuchen.

Laut dem General-Direktor der Organisation, Ahmet Üzümcü, der heute auf einem Treffen des Führungsrates in Den Haag Bericht ein Statement zur Situation abgab, ist das FFM-Team mit 9 Inspektoren seit Samstag in Damaskus, konnte aber noch nicht nach Douma (auch Duma geschrieben) fahren.

Das Team wurde noch nicht nach Douma gebracht. Syrische und russische Vertreter, die an den Vorbereitungstreffen in Damaskus teilgenommen haben, informierten das FFM-Team, dass es noch Sicherheitsprobleme gebe, die nicht geklärt sind und erst erledigt werden müssen, bevor die Entsendung stattfinden könne. In der Zwischenzeit wurde dem Team angeboten, dass es mit 22 Zeugen sprechen könne, die nach Damaskus gebracht werden könnten.

Wer das Statement zur Gänze durchliest, erfährt, dass Delegation Syriens in der OPCW seit der ersten Mitteilung über die Entscheidung über einen Besuch der FFM in Syrien, also seit dem 10. April, mehr als entgegenkommend reagierten, sie forderten vom technischen Sekretariat der Organisation sogar einen Ortsbesuch ("On the same day, the Syrian delegation submitted to the Secretariat a note verbale requesting the FFM to be dispatched"). Die Entsendung eines FFM-Teams wurde laut dem OCPW-Papier noch am selben Tag von der russischen und syrischen Regierung unterstützt. …

Heute [16.04.2018], so berichtet die New York Times, erhob die britische Delegation in der OPCW den Vorwurf, dass Syrien und Russland den Zugang zu Douma nicht erlauben.
Damit wird nahegelegt, dass Russland und Syrien die Ermittlungen der OPCW verhindern und beiden, deren Schuld laut der nachgereichten Begründungen zum völkerrechtswidrigen Luftangriff vom Wochenende feststehen soll, werden von den britischen Vertretern erneut als "unkooperativ" gezeichnet: "Uneingeschränkter Zugang ist essentiell. Russland und Syrien müssen kooperieren."


Der Bericht der New York Times zitiert hingegen Sergei Rjabkow aus dem russischen Außenministerium, wo er zu den Stellvertretern Lawrows gehört, mit dem Verweis, dass das Problem bei der UN liege. Die UN-Sicherheitsabteilung habe noch keine Zustimmung für den Besuch der Experten in Douma erteilt.

Laut des oben erwähnten OPCW-Statements ist das U.N Department of Safety and Security (UNDSS) auch für die Sicherheit der Experten zuständig. So findet sich in dem Schreiben des OPCW-Generaldirektors auch der Satz: "Ich hoffe, dass alle notwendigen Maßnahmen über die UNDSS gemacht werden, um dem Team die Entsendung nach Douma zu erlauben." …

Wie Reuters dann am Montagabend vom OPCW-Treffen berichtete, kann das FFM-Team nach Aussage von Igor Kirillow aus dem russischen Verteidigungsministerium am Mittwoch nach Douma entsandt werden. …

Ohnehin ist es für russische Vertretung bei der OCPW "offensichtlich", dass es sich bei der mutmaßlichen Giftgas-Attacke in Douma um eine Inszenierung gegen Russland und Syrien handelt, wie ein Schreiben des Botschafters Alexander Shulgin ausführlich darlegt (siehe auch: Nach "Beweisen" Moskaus war der Chemiewaffenengriff in Douma inszeniert). …

Indessen zeugt das französische Gutachten von einem - milde formuliert - "bedingungslosen, einseitigen Glauben" an Quellen wie die Weißen Helme und ihre Kooperationspartner, die ihre Arbeit häufig mit dramaturgisch akzentuierten Fotoshootings begleiten, die für die Opposition Partei nehmen und die von westlichen Regierungen finanziell unterstützt werden. … Im [französischen] Gutachten tauchen dann als Beweisstücke Fotos auf, die aus den genannten Quellen stammen. Deren Herkunft wird gerne als "open source" verschleiert; verstanden werden darunter soziale Medien. Dort gab es seit Aufkommen der Fotos Diskussionen darüber, dass sich die unterschiedliche Positionierung der Opfer auf Bildern, die den gleichen Raum zeigen, vor allem durch Manipulation erklären lassen …“

Abschließend noch eine subjektive Wertung des Autors: Insgesamt war an Ihrer Berichterstattung zu dem Giftgasanschlag in Duma folgender Verlauf zu beobachten:

Unmittelbar nach Ankündigung von Raketenangriffen durch Donald Trump berichteten Sie relativ ausgewogen, etwa einen Tag lang. Am nächsten Tag veröffentlichte der leitende Pressesprecher der Bundesregierung, Herr Seibert, die Sichtweise der Bundesregierung. Diese wich von der in ZDF (und ARD) zuerst veröffentlichten differenzierten Sicht stark ab, die Bundesregierung stellte sich klar auf die Seite der westlichen Verbündeten. Sofort änderte sich die Berichterstattung in ZDF (und ARD), es wurde fortan nur noch die Regierungslinie wiedergegeben und unterstützt. Am Tag des Raketenangriffs, am 14.04.2016, wurde in ZDF „heute“ 15 Minuten lang der Raketenangriff verherrlicht und gerechtfertigt. 5 Sekunden lang wurde in einem Nebensatz erwähnt, dass noch keine Beweise für den Giftgaseinsatz vorliegen.

Es ist klar die Regierungsnähe der Berichterstattung des ZDF erkennbar. Und nun beteiligen Sie sich offenbar weiter an der Rechtfertigung der völkerrechtswidrigen Aktivitäten der Bündnispartner und an der Vernebelung der Lage in Syrien.

Wir sehen im Weglassen oder Verdrehen wichtiger Informationen einen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht und eine Täuschung des Publikums, sowie in der einseitigen und tendenziösen Berichterstattung zum Verlauf der OPCW-Untersuchung grobe Verstöße gegen die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit. Der explizite Auftrag, die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung des Publikums zu fördern, wird mit dieser Art Informationspolitik verfehlt.

§ 5 Gestaltung der Sendungen
(1) In den Sendungen des ZDF soll den Fernsehteilnehmern in Deutschland ein objektiver Überblick über das Weltgeschehen, insbesondere ein umfassendes Bild der deutschen Wirklichkeit vermittelt werden. Die Sendungen sollen eine freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung fördern.

§ 6 Berichterstattung
(1) Die Berichterstattung soll umfassend, wahrheitsgetreu und sachlich sein. Herkunft und Inhalt der zur Veröffentlichung bestimmten Berichte sind sorgfältig zu prüfen.

Der Wahrheitspflicht nachzukommen heißt, vollständige Informationen zu geben. Vollständigkeit heißt wiederum nichts wegzulassen, was wichtig ist. Entlastendes wie Belastendes sind gleichermaßen darzustellen (BHG, NJW 1997, 1148). Fehlende Sendezeit oder zeitlicher Informationsdruck sind dem gegenüber unbeachtlich. (hier: Hahn/Vesting, Beck‘scher Kommentar zum Rundfunkrecht, Seite 450, Randnotiz 57)

Aus Gründen der Transparenz werden wir diese Programmbeschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen

Mit freundlichen Grüßen
Jens Köhler
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