ARD Weltspiegel: Programmbeschwerde zu Fake-News zu „Putins Palast“

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Maren
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ARD Weltspiegel: Programmbeschwerde zu Fake-News zu „Putins Palast“

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Bayerischer Rundfunk
Redaktion WELTSPIEGEL
Floriansmühlstraße 60
80939 München


06.02.2021

Programmbeschwerde: Fake-News zu „Putins Palast“

Sehr geehrte Damen und Herren,

in Ihrer Sendung „Weltspiegel“ am 24.01.2021 um 19:20 Uhr zeigten Sie einen Beitrag von Natalie Amiri und Ina Ruck zum Thema „Putins Palast“. https://www.daserste.de/information/pol ... t-100.html

Natalie Amiri leitete mit folgenden Sätzen ein:

„Nawalnys Team veröffentlichte Anfang der Woche ein Aufsehen-erregendes Video mit dem Titel „Ein Palast für Putin“. Die darin wohl bisher brisantesten Recherchen Nawalnys zeigen Aufnahmen, die beweisen sollen, dass der Präsident sich aus Schmiergeldern ein riesiges Anwesen für sich und seine Oligarchen-Freunde am Schwarzen Meer bauen ließ. Der Film wurde inzwischen knapp 70 Millionen mal im Internet aufgerufen. Der Kreml bezeichnet die Vorwürfe als Unsinn und Lüge. Unsere Russland-Korrespondentin Ina Ruck hat versucht mit einer Person aus dem inneren Team von Nawalny zu sprechen, was nicht gelungen ist, denn einer nach dem anderen wurde vor den Protesten festgenommen.“

Darauf folgte eine ausführliche Zusammenstellung von Teilen des Videos mit Begleitkommentaren von Ina Ruck, gemischt mit allerlei Verschwörungstheorien. Wer seine auf Halbwissen basierenden Vorurteile gegen Russlands Präsident Putin bestätigt sehen wollte, kam voll auf seine Kosten. Der Beitrag war insgesamt 9:30 Minuten lang.

Ausschnitte aus „Putins Palast“ waren auch in anderen Sendern der ARD zu sehen.

Wer sich jedoch tatsächlich umfassend informiert, konnte schnell erfahren: Das Video „Putins Palast“ war ein einziger Fake. Herr Nawalny betreibt mit westlicher Unterstützung eine Propagandakampagne gegen sein Heimatland.

Das kann man sogar auch aus deutschen Pressemeldungen ableiten. Zum Beispiel der Schwarzwälder Bote oder die Badischen Neuesten Nachrichten berichteten, dass Nawalnys Team das Video zu Putins angeblichem Palast in den Black Forest Studios in Kirchzarten produziert hat, auf Bestellung aus Los Angeles, sicherlich auch von dort bezahlt. Die Arbeiten liefen unter großem Zeitdruck und absoluter Geheimhaltung ab. Die Jalousien des Studios mussten während der Dreharbeiten geschlossen bleiben. Die Baden-Württembergische Polizei hat den Tross Nawalnys täglich hin und her eskortiert, auf Kosten des deutschen Steuerzahlers. Die Betreiber des Filmstudios haben sich inzwischen vom Inhalt des Films distanziert.

Eine Recherche des russischen Internet-Blogger-Teams „Mash“ zeigte wenige Tage später das tatsächliche Gebäude. Nochmals wenige Tage später auch ein ähnlicher Kurzbeitrag im russischen Fernsehen. Der „Palast“ ist tatsächlich gegenwärtig noch eine Hotel-Baustelle, teils im Rohbauzustand, Besitzer ist der russische Oligarch Arkadi Rotenberg, die im Video gezeigten Räume wurden in anderen Hotels und historischen Gebäuden gefilmt, der am Tor gezeigte Doppeladler war nicht der russische, sondern der montenegrinische Doppeladler, der Clip von dem in einem angeblichen Schwimmbecken des Hauses schwimmenden Präsident Putin stammte von einer Aufnahme, bei der er im Fluss Jenissej schwamm. Die angeblich höchsten Sicherheitsvorkehrungen rund um den „Palast“ erwiesen sich ebenso als Phantasterei. Vermutlich wurde eine Visualisierung des Architekten verwendet und nachbearbeitet.

Es gibt auch Indizien dafür, dass der Film nach einer amerikanischen Vorlage produziert wurde. Der im russischen Filmtext als „Schmutzraum“ bezeichnete Raum hieß in der Vorlage wohl Mudroom, was aber bei korrekter Übersetzung ins Russische oder ins Deutsche ein Eingangsbereich wäre, bzw. allgemein ein Übergangsbereich zwischen drinnen und draußen. Außerdem war der im Film über dem Eingangstor montierte Doppeladler nicht der russische Doppeladler, sondern der montenegrinische Doppeladler. Ein solcher faux pas wäre bei einem russischen Regisseur sicherlich nicht durchgegangen.

Und selbst die von Nawalny präsentierten Baupläne sehen nicht nach einer Residenz aus, sondern nach einem Luxushotel. Im 1. Obergeschoss befinden sich einzig 16 Stück Hotelzimmer mit Doppelbett an einem ringförmig verlaufenden Flur. Meinen Sie, Putin will jede Nacht in einem anderen Doppelzimmer schlafen? Oder will er sich ständig mit so vielen Übernachtungsgästen umgeben? Oder sich in einem Spielsaal mit Roulette-Tisch vergnügen? Das wäre doch alles irgendwie untypisch für einen ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter und Natur-Liebhaber, oder?

Wer sich mit solch einer Fälschungs- und Täuschungsaktion gemein macht, dem müsste man die Berufsbezeichnung Journalist aberkennen. Sie als öffentlich-rechtliche Sender mit Ihrem Anspruch auf die absolute Wahrheit haben sich mit Ihren Darbietungen zu diesem angeblichen Palast Putins vollends lächerlich und unglaubwürdig gemacht, zumindest bei allen Themen mit Bezug zu Russland.

Sie haben Ihren Ausführungen zwar immer die Wörtchen „angeblich“ oder „soll“ vorangestellt, Sie haben aber im Weiteren keine Skrupel gehabt, diesen Fake relativ ausführlich zu zeigen, ausführlich zu interpretieren und in fast allen Regionalsendern der ARD auszugsweise zu verbreiten. Nach dem Motto, ein bisschen wird schon hängenbleiben. Sie hätten mit relativ wenig Aufwand selbst eigene Recherchen durchführen können. Sie haben dies jedoch unterlassen, weil Sie sich offensichtlich gern vereinnahmen lassen für eine koordinierte Kampagne zur Destabilisierung Russlands.

Wir verlangen von Ihnen eine Richtigstellung und Entschuldigung gegenüber Ihrem zahlenden Publikum, im gleichen Sendeformat, zur gleichen Tageszeit.

Berichterstattungen der ARD zu Russland sind immer wieder von geopolitischer Voreingenommenheit und russophoben Einstellungen durchsetzt. Das ist das Gegenteil von objektiver und umfassender Berichterstattung. Mit Ihrer Berichterstattung verstießen Sie gegen Programmgrundsätze gemäß den Vorgaben des Medienstaatsvertrages sowie denen des Bayerischen Rundfunkgesetzes .

https://www.br.de/unternehmen/inhalt/or ... g-100.html
https://www.br.de/unternehmen/inhalt/or ... tz100.html

Art. 4 Bayerisches Rundfunkgesetz

(1) Die Sendungen des Bayerischen Rundfunks dienen der Bildung, Unterrichtung und Unterhaltung. Sie sollen von demokratischer Gesinnung, von kulturellem Verantwortungsbewusstsein, von Menschlichkeit und Objektivität getragen sein und der Eigenart Bayerns gerecht werden. Der Bayerische Rundfunk hat den Rundfunkteilnehmern einen objektiven und umfassenden Überblick über das internationale, das nationale und das bayerische Geschehen in allen Lebensbereichen zu geben.

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Medienstaatsvertrag: § 51 Programmgrundsätze

(1) Für die Rundfunkprogramme gilt die verfassungsmäßige Ordnung. Die Rundfunkprogramme haben die Würde des Menschen sowie die sittlichen, religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen anderer zu achten. Sie sollen die Zusammengehörigkeit im vereinten Deutschland sowie die internationale Verständigung fördern und auf ein diskriminierungsfreies Miteinander hinwirken. Die Vorschriften der allgemeinen Gesetze und die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der persönlichen Ehre sind einzuhalten.

Aus Gründen der Transparenz werden wir diese Beschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.


Mit freundlichen Grüßen


Jens Köhler
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