SWR2: "Russland will Nordpol"

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Bücherleser

SWR2: "Russland will Nordpol"

Beitrag von Bücherleser »

Heute mittag auf Arbeit traute ich meinen Ohren nicht:
Da zählte SWR2 aktuell erst mal alle "expansiven" Bestrebungen Russlands auf, um dann dessen Ambitionen, seine Nordpolargebiete auf nutzbare Rohstoff-vorkommen zu untersuchen und diese zu erschließen, umstandslos als ebenfalls imperialistisch motiviert darzustellen:
http://www.swr.de/swr2/programm/sendung ... index.html

Dabei stützt der interviewte Geowissenschaftler keineswegs die Intention des Senders, Russland würde dabei irgendwie massiv gegen internationales Seerecht verstoßen.
Es gäbe allerseits anerkannte Verfahrensweisen, nationale Einflußzonen in See- und Polarregionen aufzuteilen und strittige Fragen zu klären.

Über die USA und Kanada könnten fast identische Aussagen getroffen werden, wie diese bei der Ausbeutung von polaren Ressourcen indigene Rechte verletzen.
Komischerweise wird dies nicht zum Anlaß genommen, diesen expansiven Imperialismus vorzuwerfen.

Offenbar mißt SWR2 da mit zweierlei Maß.
Irena

Re: SWR2: "Russland will Nordpol"

Beitrag von Irena »

In t-online.de ähnliches Bericht: "Russland schickt Kriegsschiffe in die Arktis", um weiter Angst gegen aggressives Russland zu betreiben.

Es ist, glaube ich, unbestreitbar, dass Russland jetzt auf einem Aufrüstungs- und Militarisierungskurs ist. Es hat ein bittere Erfahrung: zeigst du eine Schwäche, gehst du runter.

Sicher ist es legitim, auf solche Entwicklung aufmerksam zu machen. Ich frage nur, was macht USA Marine in den Weltmeeren und zwar auf ganzen Globus?!

PS: mit der Klimaerwärmung wird Polarmeer ganzjährig nutzbar. Für Russland bedeutet es die Entwicklung Ost-Nord-Regionen (vorausgesetzt, sie schafft demografisches Problem). Die Zugang zu Meeren war schon immer ein strategischer Faktor. Bis jetzt ist es klein Stück Landes an Ostsee (Kaliningrad) und Krim an Schwarzen Meer. Wobei beide sind doch Ausgänge zu relativ geschlossenen Gewässern. Das ganzjährig nutzbarer Meer entlang Nordküste müsste eine enormen Entwicklungsschub geben. Also geht es um viel mehr als nur Bodenschätze.
Irena

Re: SWR2: "Russland will Nordpol"

Beitrag von Irena »

Viel besser als meine behinderte Sprache ist NachDenkSeiten formuliert:
Die USA veranstalten beispielsweise jährlich ihre „ICEX-Manöver“, die jenen Russlands fast bis ins kleinste Detailgleichen. Die Wichtigkeit der Arktis für die USA unterstreicht auch die „Arctic Roadmap“ der US-Marine. Vergleichbare Strategiepapiere gibt es sicher in Moskau auch. Das Thema ist aus globalstrategischer Sicht sehr spannend und sowohl Russland als auch die USA sind voll auf Kurs zu einem neuen kalten Krieg in der Arktis. Und auch die Rolle der europäischen Staaten Norwegen und Dänemark sollte einmal näher untersucht werden. Überhaupt nicht spannend ist es jedoch, wie SPIEGEL Online das Thema einseitig und holzschnittartig serviert.
Betreffender Artikel in Spiegel-online

Ähnliches in Focus-online

Sputniknews berichtet über Angst der Westen:
Westliche Medien zeigen sich in letzter Zeit besorgt über Pläne Russlands, die Arktis aktiver zu erschließen.
Etwas zurückhaltender waren Artikel in April in Zeit-online
Irena

Re: SWR2: "Russland will Nordpol"

Beitrag von Irena »

Dieses Dokument möchte ich mit gesondertem Beitrag herausheben. Es geht um einen Bericht "Die Arktis im Fokus der geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen Russlands" vom 04/2011 in Auftrag von Friedrich-Ebert-Stiftung. Sehr interessant (Hervorhebung von mir). Auch der Kern der differenzierten Sicht der Anrainerstaaten wird deutlich.
Die in letzter Zeit erhöhte Militärpräsenz aller Anrainerstaaten in der Arktiszone zeugt von der strategische Bedeutung der Region. Militärische Konflikte sind zwar eher unwahr-scheinlich, doch Russland könnte, sollte es eine Schwächung seiner Position zulassen, einen wesentlichen Teil der Region oder zumindest den Kontrollvorsprung über die Nordost-passage verlieren. Eine solche Entwicklung würde zu einer Schwächung der Grenzgebiete führen und die wirtschaftliche Stabilität des Landes bedrohen.

Russland erkennt das sektoriale Prinzip der Jurisdiktion an, nach dem jedem Anrainer-staat ein Sektor zwischen den Meridianen, die durch den östlichsten und westlichsten Punkt seiner arktischen Grenzen verlaufen, zugeteilt wird. Norwegen und die USA berufen sich dagegen auf die UN-Seerechtskonvention und bestehen auf einer Teilung ausgehend von den Basis-Küstenlinien.

Kanada schließlich hat seine eigene Sicht - laut Ministerpräsident Steven Harper ist „die Frage der Souveränität in der Arktis – gar keine Frage. <…> Das ist unser Meer. Die Arktis gehört zu Kanada“. Die Regierung des Landes plant den Bau des ersten kanadischen arktischen Hochseehafens und eines militärischen Ausbildungsstützpunktes. Nicht zu vergessen die Militärmanöver, die Kanada jährlich hinter dem Polarkreis veranstaltet.

Der Übergang zu einer nachhaltigen Entwicklung der Arktis bedarf dringend einer Internationalisierung der Debatte. Verantwortlich für die Stabilität des Ökosystems der Regi-on sind Russland, Kanada, Dänemark, Island, Norwegen, USA, Finnland und Schweden, die nach dem Völkerrecht vorrangig bei der Klärung der arktischen Problematik berücksichtigt werden.
Irena

Re: SWR2: "Russland will Nordpol"

Beitrag von Irena »

Allgemein über das Wachstum der Bedeutung der Arktis in Sendung Mit offenen karten "Arktis rückt in Zentrum"
Mit offenen Karten: Sendung über die Arktis-Region. Behandelt werden die geografische Lage der Arktis, die verschiedenen Eisarten, die Folgen des Klimawandels, arktische Rohstoffvorkommen, der Naturschutz sowie neue mögliche Schifffahrtsrouten. Erstausstrahlung: 13.12.2014.
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Re: SWR2: "Russland will Nordpol"

Beitrag von Maren »

Zu den besorgten westlichen Medien hinsichtlich der bedrohten Artktis schreibt ein User via Facebook:
An die Idioten vom Focus: Seweromorsk liegt an der Barentssee. Der gesamte Norden Russlands grenzt an den Arktischen Ozean. Natürlich fährt die russische Marine da rum und kontrolliert die eigene Grenze. Wo denn sonst, wenn nicht da? #Vollpfostenjournalismus
Irena

Re: SWR2: "Russland will Nordpol"

Beitrag von Irena »

Ich möchte noch auf einen gut recherchierten Artikel hinweisen, der 2007(!) in Jungewelt veröffentlicht wurde. Leider Original nicht zu erreichen und der Autor bleibt unbekannt. Kopie in einem Forum: http://www.united-mutations.info/UM-For ... f=10&t=357
Hier wird ausführlich die Differenzen zwischen Anrainerstaaten erklärt und deren Problematik und Geschichte.
Eine Leseprobe:
Intensiv genutzt und medial sehr effektiv sind tendenziöse Informationen zu den vielfältigen, tatsächlich bestehenden ökonomischen, ökologischen und sozialen Problemen in der russischen Arktisregion. Die zentrale Botschaft heißt dabei: Der Kreml ist unfähig zu einer effektiven Unterhaltung minimaler zivilisatorischer Lebensbedingungen für die Bewohner der Arktis. Schreckensbilder über infrastrukturellen Verfall, chronische Armut, massenhaften Alkoholismus und schwere Erkrankungen suggerieren ein Fazit: Nur eine Ausweitung der allumfassenden westlichen Präsenz kann die Region vor der völligen sozial-ökonomischen Degradierung bewahren. Im Kern handelt es sich um das mediale Begleitfeuer einer »humanitären Intervention« durch Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen.

Zentrale Aufgabe dieser konzertierten Aktionen ist somit eine vollständige Kontrolle oder zumindest ein maximaler Einfluß auf die militärischen, wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und nicht zuletzt auch militärischen Aktivitäten Rußlands in der Arktis.
Jetzt mediale Strategie ändert sich.
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Re: SWR2: "Russland will Nordpol"

Beitrag von Maren »

Dein Link funzt nicht, Irena.

Hier ist der Text nochmal.
Bücherleser

Re: SWR2: "Russland will Nordpol"

Beitrag von Bücherleser »

Kann passieren.
Jedenfalls vielen Dank, Irena, für Deine überaus fleißige Quellensuche!

Bevor die Nordpol-Anrainer sich militärisch in die Haare geraten, sollte die UNO ein Machtwort sprechen und die zentrale Nordpolregion zu einem internationalen, demilitarisierten Meeres-Schutzgebiet erklären.
Die fossilen Energieträger dort dürften aus Klimaschutzgründen sowieso nicht gefördert werden.
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