Faktenfinder mit fragwürdigen Ansichten

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Maren
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Faktenfinder mit fragwürdigen Ansichten

Beitrag von Maren »

Analyse des ARD-Faktenfinder-Artikels „Indische Aktivistin Shiva: Öko-Ikone mit fragwürdigen Ansichten“ und Gegendarstellung

Am 13.12.2022 veröffentlichte die ARD auf ihrem Onlineportal „Faktenfinder“ den Artikel „Indische Aktivistin Shiva:
Öko-Ikone mit fragwürdigen Ansichten“. Wir möchten im Folgenden dazu Stellung nehmen. Die einzelnen Abschnitte des Faktenfinder-Artikels werden der Reihenfolge nach behandelt, die relevanten Auszüge aus dem Artikel sind jeweils fett markiert.

Erster Abschnitt „Genetische Veränderungen gibt es permanent“

Im ersten Abschnitt sowie auch fast im gesamten Artikel geht es um Gentechnik in der Landwirtschaft. Gleich zu
Beginn wird der Eindruck erweckt, Gentechnik – gegen die Vandana Shiva mit ihrer Organisation Navdanya seit Jahren
kämpft, unter anderem mit Erfolg – sei völlig natürlich. Zitiert wird Jochen Kumlehn, Leiter der Arbeitsgruppe
Pflanzliche Reproduktionsbiologie am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK):
„'Erbgut unterliegt permanent Veränderungen. Alle Organismen sind nur deshalb entstanden und so divers, weil in jedem
Individuum Dutzende genetische Veränderungen vorkommen'. Die Annahme, genetische Veränderungen wären etwas
Unnatürliches, sei daher grundlegend falsch.“

Zu keinem Zeitpunkt hat Vandana Shiva behauptet, genetische Veränderungen seien etwas Unnatürliches. Zudem wird
der Leser nicht korrekt informiert. Bei der sogenannten grünen Gentechnik geht es nicht um genetische Veränderung,
sondern um gentechnische Veränderung. Das ist ein bedeutender Unterschied. Die gentechnische Veränderung, bei der
mit Hilfe von Technik direkt in das Erbgut eingegriffen wird, bleibt höchst umstritten. In Deutschland ist der Anbau von
gentechnisch veränderten Pflanzen seit dem Verbot des Mais MON810 (2009) und der Kartoffel Amflora (2013)
faktisch nicht mehr erlaubt. Die Formulierung ist irreführend.

Ferner wirft Kumlehn, der als Forscher selber Genom-Editierung betreibt, Naturschützern und Gentechnik-Gegnern die
„Romantisierung des Begriffs Natur“ vor, was „ein Grundproblem des Gentechnik-Diskurses“ sei, und fährt fort:
„Natürliche genetische Veränderungen erfolgen zufällig und es können dabei Eigenschaften entstehen, die vorteilhaft sind, während jedoch viel mehr Veränderungen zu Nachteilen führen. Natur ist also keineswegs prinzipiell gut, sondern bestenfalls neutral."

Die Aussage, die Natur sei „prinzipiell keineswegs gut, bestenfalls neutral“, ist kritisch zu sehen und kann nicht als
wissenschaftliche Tatsache angeführt werden, sondern nur als Sichtweise eines Wissenschaftszweiges. Siehe dazu der
Wikipedia-Eintrag „Natur“ unter „Natur in der Wissenschaft“:

„Innerhalb der Wissenschaft wird Natur sehr unterschiedlich konzipiert, meistens wird davon ausgegangen, dass sich
die Naturwissenschaft mit der Natur oder zumindest einem Teil von ihr beschäftigt. (...) Der Umgang mit dem Begriff
muss aber in der Wissenschaftsphilosophie als sehr kontrovers dargestellt werden.“

Während die Arbeit von Jochen Kumlehn eher den Ingenieurwissenschaften (Technik, auch Biotechnologie) zuzurechnen ist, handelt es sich bei der Arbeit von Vandana Shiva um die Naturwissenschaft der Ökologie (Teildisziplin der Biologie). Beide sind Teil der heutigen Wissenschaft und werden als solche auch im genannten Abschnitt des Wikipedia-Eintrages anerkannt.

Ergänzend ist anzumerken, dass Kumlehns Sichtweise, die Natur sei „bestenfalls neutral“, von Teilen der Wissenschaft
aber auch von Politik und Industrie dazu benutzt wurde, um die hemmungslose Ausbeutung der Natur zu rechtfertigen.
Das ist im Prinzip genau das, was Vandana Shiva meint, wenn sie von einem reduktionistischem Weltbild spricht, das
die Natur auf ein zu kommerzialisierendes Objekt reduziert. Im genannten Wikipedia-Eintrag heißt es dazu unter „Natur
als Nutzgegenstand“:

„Eine solche Sicht menschlicher Nutzung ist von vielen Seiten kritisch betrachtet worden. Beispielsweise erklärt der
Ökonom Ernst Friedrich Schumacher in seinem 1973 erschienenen Buch 'Small is beautiful', dass die Natur und die in
ihr lebenden Geschöpfe – auch für sich genommen – als 'Ziele' anzusehen sind und nicht einfach unter ausschließlich
wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten sind. Selbst in einer rein vernunftgeleiteten Betrachtung sieht
Schumacher es daher als gerechtfertigt an, festzustellen, 'dass sie in einem gewissen Sinne heilig sind'.“
Hier kollidieren zwei wissenschaftliche Sichtweisen, die beide in die sachliche Betrachtung eines seriösen Faktenchecks
hätten Eingang finden müssen. Dieser Mangel an Ausgeglichenheit zieht sich durch den gesamten Artikel.

Zweiter Abschnitt „Schnellere Züchtung mit Gentechnik möglich“

Im nächsten Abschnitt wird Christoph Gornott, Leiter des Fachgebiets Agrarökosystemanalyse und -modellierung an
der Universität Kassel und Leiter der Arbeitsgruppe Anpassung in Agrarsystemen am Potsdam Institut für
Klimafolgenforschung (PIK) zitiert:

„In den letzten 10.000 Jahren unserer Menschheitsgeschichte haben wir bei der Züchtung die größten, besten oder
wohlschmeckendsten Samen selektiert“.

Damit stimmt Gornott Vandana Shiva indirekt zu, wenn sie immer wieder auf die traditionelle Saatgutvielfalt verweist,
die seit einigen Jahrzehnten nachweislich durch Monokulturen verdrängt wird, und die Wichtigkeit, diese zu schützen.
Das von Kumlehn benutzte „wir“ ist dabei missverständlich, waren es doch die vielen Generationen von Kleinbauern,
die dies über Jahrhunderte mit traditionellen Methoden ganz ohne Labor bewerkstelligt haben und die jetzt unter Druck
stehen und von Vandana Shiva und vielen anderen sozialen, Umwelt- und Verbraucherorganisationen in ihrem Kampf
um Unabhängigkeit von der Agrarindustrie und Wahlfreiheit bei Gentechnik unterstützt werden.

Erneut werden hier Genetik und Gentechnik vermischt. 1973 nutzen Biochemiker die Gentechnik erstmals, um
Erbanlagen von einem Organismus auf einen anderen zu übertragen. Im Beitrag „Gentechnik“ von Planet Wissen wird
das als die „Geburt einer neuen Wissenschaft“ bezeichnet. Die Langzeit-Risiken und -Auswirkungen dieser neuen
Wissenschaft, insbesondere der Grünen Gentechnik, auf das gesamte Ökosystem sind nicht hinreichend erforscht und
dementsprechend ist sie weiterhin höchst umstritten. Das wird aus dem Beitrag aber nicht ersichtlich.
Der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, dass sowohl Gornott über das PIK Potsdam als auch Kumlehn beide
Teil der Leibniz-Gemeinschaft sind, die wiederum von der Bill and Melinda Gates Foundation gefördert wird.
„Dadurch kann der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verringert werden.“ (Bezug: Gentechnik)

Wenn man von Pflanzenschutzmitteln – Pestiziden – im Bezug auf Gentechnik spricht, muss zunächst einmal zwischen
Fungiziden, Insektiziden und Herbiziden unterschieden werden. Der Einsatz letzter – sogenannter Totalherbizide auf
Glyphosat-Basis – kann logischerweise gar nicht zurückgehen, denn das Geschäftsmodell von Herstellern wie
Monsanto beruht ja darauf, Nutzpflanzen durch gentechnische Veränderung gegen Herbizide resistent zu machen,
damit diese dann weitflächiger ausgebracht werden können und andere unerwünschte Pflanzen abtöten.

Diese Differenzierung wird im Faktenfinder-Artikel nicht klar dargestellt, obwohl sogar die verlinkte Meta-Analyse von
2014 darauf eingeht, indem sie selbst zugibt („Results“, übersetzt): „Pestizideinsparungen sind bei insektenresistenten
Pflanzen größer als bei herbizidtoleranten Pflanzen“. Es wurden zwar zahlreiche vorherige Studien zur Meta-Analyse
herangezogen, aber durchaus nicht alle, insbesondere nicht jene, die zu anderen Resultaten kamen:

Laut einer Studie von 2012 hat in den USA die Zunahme von Herbiziden den Rückgang von Insektiziden in den letzten
16 Jahren um mindestens das 4-Fache in den Schatten gestellt: der Herbizid-Einsatz stieg um 239 Mio kg, während der
Insektizid-Einsatz um 56 Mio kg zurückging. Somit stieg der Pestizideinsatz de facto insgesamt um geschätzte 183 Mio
kg Kilogramm oder etwa 7 %. Aus „Conclusions“ zitiert (übersetzt):

„Im Gegensatz zu den oft wiederholten Behauptungen, dass die heutigen gentechnisch veränderten Nutzpflanzen den
Einsatz von Pestiziden reduzieren, hat die Ausbreitung von Glyphosat-resistenten Unkräutern in Herbizid-resistenten
Unkrautbekämpfungssystemen zu einem erheblichen Anstieg der Anzahl und Menge der eingesetzten Herbizide
geführt.“

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine weitere Studie von 2012, ebenfalls nicht in die verlinkte Meta-Analyse
miteinbezogen, die die ökologischen Risiken von solchen Totalherbiziden beleuchtet und eine Zunahme der Resistenzen
bei Unkräuter sowie eine damit einhergehende weitere erhebliche Zunahme des Herbizid-Einsatzes prognostiziert.
Genau dies ist zehn Jahre später eingetreten: „Über 80 Prozent der weltweit angebauten GV-Pflanzen sind gentechnisch
so verändert, dass sie gegen Herbizide resistent sind, was zu einem vielfachen Anstieg des Einsatzes von Herbiziden auf
Glyphosatbasis führt“, wie ein Fachartikel in der pakistanischen Tageszeitung Dawn kürzlich feststellte. Auch die
Resistenzen bei Unkräutern haben seit dem weltweit kontinuierlich zugenommen.

Von den insgesamt 27 in die vom Faktenfinder angeführte Meta-Analyse miteinbezogenen Studien sind alleine fünft
vom Autor der Meta-Analyse selber, Matim Qaim, aus dessen Lebenslauf etliche Verbindungen zur Agrarindustrie
ersichtlich sind. Können solche industrienahen Analysen wirklich als „Fakten“ dargestellt werden, zumal anders
lautende Analysen, unabhängige Studien und Gegenargumente hier keine Beachtung finden?

Dritter Abschnitt „Keine Beweise für mehr Suizide bei indischen Bauern“

Bereits im Beitrag von „Titel, Thesen, Temperamente“ (ARD, 26.11.2022) wurde behauptet, Vandana Shiva habe sich
angreifbar gemacht, indem sie die Selbstmorde indischer Baumwollbauern auf die Einführung von Bt-Baumwolle
zurückführt, und ihr deshalb das „Beugen der Wahrheit“ unterstellt. In diesem Abschnitt des Faktenfinder-Artikels wird
der Vorwurf wie folgt erneuert und nun auch die Quelle für diese Behauptung preisgegeben (siehe Verlinkung):

„Shiva machte die Bt-Baumwolle und deren Saatguthersteller Monsanto für den Suizid Hunderttausender Bauern
verantwortlich, da sie durch die Bt-Baumwolle finanziell in den Ruin getrieben sein worden. Dabei gibt es jedoch keine
empirischen Belege für diesen Vorwurf – zudem ist die Suizidrate unter Kleinbauern nach Einführung der Bt-Baumwolle
konstant geblieben.“

Wie vermutet, ist die verlinkte Quelle ein Discussion Paper von 2008, erstellt vom IFPRI International Food Policy
Research Institute (Washington), das u. a. von CGIAR (Consultative Group on International Agricultural Research)
finanziert wird. CGIAR hingegen wird massiv von der Bill and Melinda Gates Foundation gefördert, und zwar mit über
einer Milliarde USD (Stand Nov. 2021), sowie kürzlich mit weiteren 1,4 Milliarden USD (Stand Nov. 2022). Es ist stark anzunehmen, dass die Autoren nicht unabhängig und die Ergebnisse ihres Papers dementsprechend voreingenommen sind. Dazu kommt, dass es seitdem drei weitere Studien gab, die wiederum den Zusammenhang zwischen der Einführung von Bt-Baumwolle und den Selbstmorden unter Indiens Bauern sehr wohl bestätigen:

1) Studie „Deconstructing Indian cotton: weather, yields, and suicides“ – Environmental Sciences Europe, 2015
Diese Studie von Forschern der University of California in Berkeley stellt fest, dass die jährlichen Selbstmordraten von
Landwirten in regenreichen Gebieten in direktem Zusammenhang mit der zunehmenden Einführung von Bt-Baumwolle
stehen (siehe „Conclusions“). Eine gute Zusammenfassung der Studie ist auch einem Artikel in The Hindu, der
drittgrößten englischsprachigen Tageszeitung Indiens, zu lesen.

2) Studie „Farmer-suicide in India: debating the role of biotechnology” – Life Sciences, Society and Policy, 2017
Diese Studie stellt Argumente von Befürworter und Gegner gegenüber und analysiert sie. Auch Vandana Shiva wird
zitiert. Die Studie bestätigt Shivas Annahme namentlich und stellt fest, dass es definitiv eine Verbindung zwischen Bt-
Baumwolle und den Selbstmorden gibt (siehe „Conclusions“).

3) Studie „Bio-economics of Indian hybrid Bt cotton and farmer suicides“ – Environmental Sciences Europe, 2020
Diese Studie geht nicht nur auf die ökonomisch-sozialen Hintergründe der Selbstmorde, sondern auch auf die
ökologischen Probleme von Bt-Baumwolle ein. Zusammenfassend stellt sie fest, dass der Einsatz von Bt-Baumwolle
eine unmittelbare Ursache für Selbstmorde von Baumwollbauern ist (siehe „Conclusions“). Einer an der Studie
beteiligten Forscher ist Keshav R. Kranthi, ehemaliger Leiter des Central Institute for Cotton Research in Indien und
seit kurzem Chief Scientist des International Cotton Advisory Committee in Washington, USA.

Zudem lohnt es sich, einen Blick in den von Dr. Shiva selbst verfassten Artikel zum Thema von 2013 zu werfen. Dort
zitiert sie die Quelle, die zur Beurteilung der Lage sicherlich am kompetentesten ist: das indische
Landwirtschaftsministerium. Hier der entsprechende Auszug übersetzt:

„In einer internen Stellungnahme des indischen Landwirtschaftsministeriums vom Januar 2012 hieß es zu den
baumwollanbauenden Bundesstaaten in Indien: 'Die Baumwollbauern befinden sich seit der Umstellung auf Bt-
Baumwolle in einer tiefen Krise. Die Flut von Selbstmorden unter den Landwirten in den Jahren 2011-12 war unter den
Bt-Baumwollbauern besonders schlimm'.“

Bestätigt wird die Aussage der indischen Regierung auch in Artikeln großer indischer Tageszeitungen wie der
Hindustan Times und dem Deccan Herald. Andrew Paul Gutierrez, Professor Emeritus an der Univerity of California
und einer der beteiligten Forscher der obengenannten Studien von 2015 und 2020, zitiert zudem Rajendra Kumar
Trivedi, Deputy Commissioner (Seeds), Ministry of Agriculture and Farmers Welfare der indischen Regierung in
seinem Artikel „Hybrid Bt cotton: a stranglehold on subsistence farmers in India“ von 2018 wie folgt (übersetzt):

„Gelingt es den Landwirten nicht, einen rentablen Ertrag zu erzielen, häufen sie riesige Schulden an, was wiederum zu
einem Anstieg der Selbstmorde von Landwirten in verschiedenen Baumwollanbaugebieten geführt hat.“ (S. 2209).

Die Aussage des ARD-Faktenfinders, es gäbe „keine Beweise für mehr Suizide bei indischen Bauern“, sowie der
Vorwurf des „Beugens der Wahrheit“ durch den ARD-Beitrag „Titel, Thesen, Temperamente“ sind somit inkorrekt und
nicht haltbar. Die drei hier angeführten Studien sowie die Aussagen der indischen Regierung belegen dies.

Im zweiten Absatz dieses Abschnitts geht es um den gentechnisch veränderten „Goldenen Reis“, der ebenfalls alles
andere als unumstritten ist (siehe Wikipedia-Eintrag „Goldener Reis“ unter „Kontroversen“). Neben Shiva und
Greenpeace kritisiert zum Beispiel auch die Union of Latin American Scientists Committed to Society and Nature
(UCCSN-AL) seine Einführung (Quelle). Trotzdem wird der Eindruck erweckt, als hätten Shiva und andere Aktivisten
die Einführung des Goldenen Reises verhindert und dadurch Kindern in Schwellen- und Entwicklungsländern den
Zugang zu Vitamin A verwehrt. Wörtlich heißt es dazu unter anderem im Beitrag:

„Feldversuche sind immer wieder von Aktivisten verhindert worden, was dazu beigetragen hat, dass dieser Reis im
Jahr 2022 erstmals landwirtschaftlich angebaut werden konnte – gut zwanzig Jahre später als geplant.“

Im oben verlinkten Wikipedia-Eintrag zum Goldenen Reis wird zwar von den Feldversuchen berichtet (siehe hier),
nicht jedoch davon, dass Aktivisten diese verhindert hätten, sondern vielmehr dass hohe regulatorische Hürden und
politische Diskurse, aber auch entwicklungstechnische und patentrechtliche Probleme der Grund sind.

Glenn Davis Stone, Professor für soziokulturelle Anthropologie und Umweltforschung an der Washington University in
St. Louis, der sich eingehend mit dem Thema befasst hat, wird im Artikel „Genetically modified Golden Rice falls short
on lifesaving promises" von 2016 wie folgt zitiert (übersetzt):

„Golden Rice ist immer noch nicht marktreif, aber wir finden wenig Beweise für die gängige Behauptung, dass
Umweltaktivisten für die Verzögerung seiner Einführung verantwortlich sind. Die GVO-Gegner sind nicht das Problem.
(.....) Die einfache Tatsache ist, dass Golden Rice nach 24 Jahren Forschung und Züchtung immer noch Jahre von der
Marktreife entfernt ist.“

Das bestätigt auch der Artikel „Millions Spent, No One Served: Who Is to Blame for the Failure of GMO Golden
Rice?“ von Angelika Hilbeck und Hans Herren (Träger u.a. des Welternährungspreises und des Right Livelihood
Award), der zudem den historischen Hintergrund erklärt. Die erste Generation des Golden Rice GR1 hatte komplett
versagt und ist seit langem Geschichte. Die zweite Generation GR2 ist immer noch nicht ausgereift.

Laut der Food and Drug Administration (FDA) der USA bietet GR2 zudem keine ernährungsphysiologischen Vorteile.
Mit Stand von 2019 ist der Goldene Reis immer noch nicht einsetzbar, da er sich laut den EntwicklerInnen nach wie vor
in der Test- und Bewertungsphase befindet (Quelle: Dossier „Goldener" Reis – Vitamin A durch Gentechnik?“).
Auch der Goldene Reis wird in seiner zweiten Generation über das International Rice Research Institute von CGIAR
und der Bill and Melinda Gates Foundation gefördert, die zudem über die Cornell Alliance for Science (inzwischen
Alliance for Science) eine breitangelegte Pro-GMO-Kampagne finanziert.

Vierter Abschnitt „Bill Gates als Feindbild“

„Shiva stellte auch einen Zusammenhang zwischen Autismus, dem Einsatz von GMOs und dem Pflanzenschutzmittel Glyphosat her – dabei gibt es auch hierfür keinerlei wissenschaftliche Evidenz.“

Der Zusammenhang wurde nicht von Dr. Shiva selber hergestellt, sondern von der amerikanischen Wissenschaftlerin
Stefanie Seneff, Senior Research Scientist am Massachusetts Institute of Technology. In einer aus ihrer Arbeit erstellten
Graphik ist tatsächlich eine starke Korrelation des Anstiegs von Autismus bei Kindern und dem Einsatz von Glyphosat
ersichtlich. Im 2015 von Vandana Shiva herausgegebenen Buch „Seed Sovereignty, Food Security: Women in the
Vanguard“, einer Sammlung von Beiträgen von Lebensmittelproduzentinnen, Aktivistinnen und Wissenschaftlerinnen
aus aller Welt, schreibt Seneff im Beitrag „Autism and Glyphosate: Connecting the Dots“ (übersetzt):

„Zwar bedeutet Korrelation nicht zwangsläufig Kausalität, aber die Korrelation zwischen der Verwendung von
Roundaup für Mais und Soja in den vorangegangenen vier Jahren und der Autismusrate in der ersten Klasse des
öffentlichen Schulsystems in den USA beträgt 0,997, wenn man die Trends von 1995 bis 2010 betrachtet. Dies ist eine
fast perfekte Übereinstimmung, wie in Abbildung 1 dargestellt. Zumindest sollte das Bewusstsein für diese starke
Korrelation die Forschung dazu anregen, zu untersuchen, ob es gute biologische Gründe gibt, warum Roundup
Autismus verursachen könnte.“

Darüber hinaus haben nicht nur Seneff, sondern auch noch andere Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen dem
steigenden Einsatz von Pestiziden und Krankheiten wie Autismus festgestellt, darunter Shelton et al. (2014), Swanson et
al. (2014), Argou-Cardozo et al. (2018) und Xiu He et al. (2021). Aus der Studie von Shelton zitiert („Conclusions“,
übersetzt): „Diese Studie über ASD (Autism Spectrum Disorders) untermauert die Evidenz für einen Zusammenhang
zwischen neurologischen Entwicklungsstörungen und Pestizidexposition während der Schwangerschaft.“

Weitere Studien und Aussagen von Experten bezüglich des Zusammenhangs von Glyphosat und Krankheiten wie
Autismus finden sich zum Beispiel in Artikeln des Autism Parenting Magazin und der Mindd Foundation. Im Juni 2022
hat ein U.S. Gericht in einem historischen Urteil die Entscheidung der Environmental Protection Agency (EPA), dass
Glyphosat für Menschen und gefährdete Wildtiere sicher sei, aufgehoben. Die EPA zog daraufhin ihre Entscheidung im
September 2022 zurück.

„Einer ihrer größten Feindbilder ist der US-amerikanische Milliardär Bill Gates, wie von vielen Verschwörungsideologen auch. Er sei laut Shiva Teil von einer Art Verschwörung der reichsten ein Prozent der Menschen, die die "Wirtschaft mit falschem Essen zerstören möchte".

„Falsches Essen“ ist die unglückliche Übersetzung des englischen „Fake Food“, über das Vandana Shiva natürlich
spricht und das auch im Dossier „The Corporate Push for Synthetic Foods: False solutions that endanger our health and
damage the planet“ von Navdanya International thematisiert wird, zu dem Dr. Shiva das Vorwort geschrieben hat.
Zunächst einmal wird hier falsch zitiert: Nicht die Wirtschaft würde durch sogenanntes „Fake Food“ zerstört – die
Industrie erhofft sich ja im Gegenteil große Gewinne davon –, sondern die Landwirtschaft und insbesondere
kleinbäuerliche Strukturen. Denn die Produktion von synthetischen Lebensmitteln aus dem Labor auf „pflanzlicher“
Basis bedeutet noch mehr Monokulturen mit noch mehr Gentechnik und noch höherem Pestizideinsatz, mit
entsprechenden Folgen für die Umwelt und die menschliche Gesundheit.

Der Artikel „Öko-Organisation gegen Laborfleisch: „Great Reset enthält einen Plan zur Umgestaltung der menschlichen
Ernährung“ in den Deutschen Wirtschaftsnachrichten fasst das alles sehr gut zusammen und zeigt die Akteure hinter so
wohlklingenden Initiativen wie EAT oder FreSH auf, darunter das Weltwirtschaftsforum und die Bill and Melinda Gates
Foundation, aber auch Unternehmen wie Bayer, Syngenta, Unilever und Google. Dazu zwei Auszüge aus dem Artikel:

„Laut Frederic Leroy, Professor für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie an der Universität Brüssel, arbeitet
das EAT-Netzwerk eng mit einigen der größten Fleischimitationsunternehmen zusammen, darunter Impossible Foods
und andere Biotech-Unternehmen, die gesunde nahrhafte Lebensmittel durch gentechnisch veränderte Laborkreationen
ersetzen möchten. 'Sie gestalten es als gesund und nachhaltig, was es natürlich nicht ist', sagte Leroy gegenüber The
Defender. Impossible Foods wurde ursprünglich von Google, Jeff Bezos und Bill Gates kofinanziert. Jüngste
Laborergebnisse zeigten, dass das Fleischimitat des Unternehmens 11-mal höhere Glyphosatwerte enthielt als sein
engster Konkurrent. Die größte Initiative von EAT heißt FReSH und wird von der Organisation als Versuch
beschrieben, die Transformation des Lebensmittelsystems voranzutreiben .“

„Leroy sagt: 'Unternehmen wie Unilever und Bayer sowie andere Pharmaunternehmen sind bereits chemische
Verarbeiter. Viele dieser Unternehmen sind daher sehr gut positioniert, um von diesem neuen Lebensmittelgeschäft zu
profitieren, bei dem es um die Verarbeitung von Chemikalien und Extrakten geht, die für die weltweite Herstellung
dieser im Labor hergestellten Lebensmittel erforderlich sind'.“

Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich, was Vandana Shiva meint, wenn sie im Artikel wie folgt zitiert wird, ohne
dabei den Zusammenhang zu nennen:

„Dem russischen Staatssender RT Deutsch sagte sie im Juni 2021 in einem Interview in Richtung der deutschen Leser mit Blick auf Monsanto, das mittlerweile zum Bayer-Konzern gehört: 'Passt auf! Damals hattet ihr Hitler und jetzt habt ihr Bayer! Lasst nicht zu, dass Bayer eure unsichtbare Regierung wird'.“

Das Interview von RT Deutsch wurde dabei nicht verlinkt, obwohl es immer noch jederzeit hier einsehbar ist. Das
Thema „Bayer im Nationalsozialismus“ ist düster und hätte – gerade in einem deutschsprachigen Medium – mehr
Aufmerksamkeit verdient. Es wird ausführlich in Shivas Buch „Wer ernährt die Welt wirklich? – Das Versagen der
Agrarindustrie und die notwendige Wende der Agrarökologie" behandelt, hier ein Auszug:

„Am 25. Dezember 1925 konstituierte sich die IG Farben, ein deutsches Chemiekonglomerat, durch den
Zusammenschluss bestehender Chemieunternehmen, darunter BASF, Bayer und Hoechst. In den 1920er- und 1930er-
Jahren testeten die IG Farben Zyklon B für Hitlers Vernichtungsbemühungen. Später wurde Nervengas in
Konzentrationslagern für den Holocaust eingesetzt. Andere, die an den Versuchen mit Nervengasen beteiligt waren,
waren DuPont, Shell, Union Carbide, Basel AG (Ciba, Geigy und Sandoz), American Cyanamid und RhônePoulenc –
alles Unternehmen, die heute für ihre Chemikalien, Pestizide oder Erdöl bekannt sind, mit denen sie Geschäfte machen.
Der Grund dafür ist, dass nach dem Krieg die auf den Völkermord an Menschen spezialisierten Unternehmen ihr
Augenmerk auf andere Bereiche richteten.“ (S. 57 / 58)

All das und mehr ist auch im Wikipedia-Eintrag zu „I.G. Farben“ nachzulesen. Daraus zitiert: „Die IG Farben wuchs in
der Zeit des Nationalsozialismus unter anderem durch Enteignungen zum größten europäischen Unternehmen und
größten Chemie- und Pharmaunternehmen der Welt.“

Dr. Shiva beschäftigt sich seit langem mit dem Schutz der Natur gegen industrielle Ausbeutung, insbesondere in der
Landwirtschaft. Dabei ist es unvermeidlich, sich auch mit Bill Gates zu beschäftigen, da sein Einfluss durch enorme
Investitionen gerade in den Bereichen Grüne Revolution und Grüne Gentechnik in den letzten Jahren massiv
zugenommen hat, wie auch von Reporterre in Frankreich und weiteren europäischen Zeitungen, darunter dem Spiegel,
La Libre Belgique, El Diario in Spanien, Domani in Italien, Público in Portugal, Reporters United in Griechenland und
dem EU Observer berichtet. Grundlage für die Berichterstattung waren von Corporate Europe Observer im Rahmen von
Informationsfreiheit erlangte Dokumente, die als CRISPR-Files bekannt wurden. Ein Name taucht darin immer wieder
auf: Bill Gates. Dass er „Teil von einer Art Verschwörung“ sei, hat Vandana Shiva nie behauptet. Hingegen zeigt sie unter anderem in ihrem Buch „Eine Erde für Alle – Einssein versus das 1%“ anschaulich auf, welch tiefgehenden Einfluss Gates und weitere inzwischen auf internationale Gremien, zwischenstaatliche Organisationen und politische Entscheidungsprozesse nehmen.

„Feindbilder“ und „Verschwörungsideologien“ gehören in den emotional-irrationalen Bereich, während sich Vandana
Shiva wissenschaftlichen Analysen widmet und der Unterstützung von Millionen von Kleinbauern gegen die
Vereinnahmung unserer Ernährungssysteme durch die Agrarindustrie, zu der auch die Grüne Gentechnik gehört.
In den letzten Jahrzehnten hat sich weltweit eine breite Bewegung gegen Gentechnik und Agrarindustrie sowie für
Ernährungssouveränität und Agrarökologie formiert. Vandana Shiva ist Teil dieser Bewegung, wie viele andere auch.

Die folgenden Punkte hätten in einen ausgewogenen Faktencheck zu diesen Themen mit einbezogen werden müssen:

– Die von Bill Gates angetriebene Grüne Revolution in Afrika (AGRA) ist nachweislich gescheitert. Anstatt den
Hunger zu bekämpfen, hat sie die Zahl der Hungernden in Afrika vergrößert.

– Der UN-Ernährungsgipfel wird inzwischen von industriellen und finanziellen Interessen beherrscht. Die
Stimmen von Kleinbauern, besonders aus dem globalen Süden, werden nicht gehört.

– Die People’s Coaliton on Food Sovereignty, ein Bündnis von über 150 Kleinbauernverbänden hauptsächlich
aus dem globalen Süden, forderte daher 2021 die Vereinten Nationen auf, die „Entführung“ des
Ernährungsgipfels durch das Weltwirtschaftsforum in Davos, zu dessen Partnern die Bill and Melinda Gates
Foundation gehört, zu stoppen und die Partnerschaft mit diesem aufzukündigen.

– Als Konsequenz wurde der letzte UN-Ernährungsgipfel 2021 vom weltweit größten Bündnis für
Ernährungssouveränität CSM (Civil Society and Indigenous Peoples’ Mechanism for relations with the United
Nations Committee on World Food Security) mit über 300 Millionen Mitgliedern aus 500
zivilgesellschaftlichen Gruppen boykottiert.

– Auch in Deutschland demonstrieren jedes Jahr in Berlin zehntausende von Menschen in einem breiten
zivilgesellschaftlichen Bündnis unter dem Motto „Wir haben es satt!“ gegen Gentechnik und Agrarindustrie
(Teilnehmerzahlen der letzten Jahre: 2017: 18.000; 2018: 30.000; 2019: 30.000; 2020: 27.000)

– Auch in Afrika gibt es ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis für Ernährungssouveränität und
Agrarökologie: Die Alliance for Food Sovereignty in Africa (AFSA) repräsentiert afrikanische Kleinbauern,
Fischer, Hirten, Viehzüchter, Verbraucher und Umweltschützer. Zusammen mit AGRAWatch haben sie soeben
die Kurzfilm-Serie „Rich Appetites“ herausgebracht, dort ist zu lesen (übersetzt): „Die Bill & Melinda Gates
Foundation (BMGF), die größte private Wohltätigkeitsstiftung der Welt, ist führend bei der Verlagerung der
globalen landwirtschaftlichen Entwicklungsprioritäten auf industrielle und chemieintensive Modelle.“

– In der arte-Dokumentation „Genlabor Afrika – Die Geschäfte des Bill Gates“ wird dies ebenfalls thematisiert.
Auf der Webseite der ARD ist folgendes über den Inhalt des Film zu lesen: „Die Investigation 'Genlabor
Afrika – Die Geschäfte des Bill Gates' führt in die neue Welt des Philanthrokapitalismus, in dem Profitgier als
humanitäre Hilfe getarnt wird. Programme, die den Hunger in Afrika besiegen sollen, sorgen ganz nebenbei
dafür, genmanipulierte Pflanzen auf dem Kontinent zu verbreiten.“

– Zu weiteren Akteuren der weltweiten Bewegung gegen Gentechnik und Agrarindustrie gehören unter anderem:
La Via Campesina, Nyéléni, Organic Consumer Association, International Federation of Organic Agriculture
Movement (IFOAM) Regeneration International, Navdanya International, Community Alliance for Global
Justice, People's Coalition on Food Sovereignty, International Planning Committee for Food Sovereignty, die
Slow Food Bewegung, die Bio- und Naturkostbewegung, Umweltschutzorganisationen wie BUND und NABU
und viele weitere.

Nach der Herangehensweise des Faktenfinders müssten all diese Organisationen und die Millionen von Menschen, die
sie repräsentieren, „Verschwörungsideologen“ sein, so wie auch die 420.000 Mitzeichner der Petition für Wahlfreiheit
und Risikoprüfung bei Gentechnik, die soeben an das Bundeslandwirtschaftsministerium übergeben wurde.

Immer noch im Abschnitt „Bill Gates als Feindbild“ zitiert der Faktenfinder-Artikel Vandana Shiva weiter wie folgt:

„Gates habe zudem die WHO unter Kontrolle.“

Die Zunahme seines Einflusses auf die Weltgesundheitsorganisation ist für viele besorgniserregend. Die WELT hat
daher gemeinsam mit der US-amerikanische Tageszeitung Politico im September letzten Jahres die Recherche „ Die
Machtmaschine des Bill Gates“ zu diesem Thema herausgebracht (Englische Version: „How Bill Gates and partners
used their clout to control the global Covid response – with little oversight“).

Auch im Artikel der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) „Ist Bill Gates der Retter der Menschheit oder ein Impfbösewicht?
Warum seine Stiftung so viel Kritik erntet, obwohl sie vorgibt, Gutes zu tun “ vom letzten Jahr wird die Kritik an der
Bill and Melinda Gates Foundation als „Supermacht in der globalen Gesundheitsversorgung“ thematisiert. Im Abschnitt
„Der «Bill Chill», die Furcht der Akademiker“ heißt es im Bezug auf den akademischen Bereich: „Dieser Effekt des
Platzhirsches, der mit seiner Übermacht alles dominiert, zeigt sich auch im akademischen Bereich. Es gibt kaum ein
Departement oder Institut für globale Gesundheit, das nicht Gelder von der Gates-Stiftung erhalten hat oder solche
erhalten möchte. Diese Quelle will niemand gefährden. Mit dem Resultat, dass es wenig kritische Forschung zur
Stiftung und zur Wirksamkeit der Arbeit der Gates Foundation gibt.“

Und selbst der ARD-Faktenfinder gibt in seinem Artikel „Wer finanziert die WHO?" zu: „Das Finanzierungsmodell der
WHO stößt immer wieder auf Kritik: Zu abhängig sei die Organisation vom Willen der jeweiligen Regierungen, von
privaten Stiftungen oder auch Pharma-Unternehmen. 'Wenn Bill Gates morgen sagt: Ich habe kein Interesse mehr an
Gesundheit, ich investiere mein ganzes Geld in Erziehungsfragen, zum Beispiel wäre die WHO am Ende', hatte etwa
der indische Arzt und Gesundheitsaktivist Amit Sengupta 2017 im Deutschlandfunk erklärt."

Fünfter Abschnitt „Weltbilder statt Fakten“

In diesem Abschnitt kommt die Sozialpsychologin Pia Lamberty, Geschäftsführerin des Center für Monitoring, Analyse
und Strategie (CeMAS) zu Wort, die schon früher mit dem Faktenfinder zusammenarbeitete. Ihre Firma beschäftigt sich
mit „Monitoring & Research“ sowie „Analyse & Theorie“ zu den Themen Verschwörungsideologien, Desinformation,
Antisemitismus und Rechtsextremismus. Ein weiteres Geschäftsfeld ist die strategische Beratung für Politik, Behörden,
Medien und Social Media Plattformen. Von der Alfred Landecker Foundation wird die CeMAS mit 2,8 Millionen Euro
gefördert, trotzdem bittet sie auf ihrer Webseite um Spenden. Zudem ist sie im Lobbyregister des Bundestags vertreten.
Auf das, was Frau Lamberty im vorliegenden Faktenfinder-Artikel über Vandana Shiva und die angebliche „Schaffung
von Feindbildern“ sagt, soll hier nicht näher eingegangen werden. Dies wurde in den obigen Ausführungen hinreichend
widerlegt. Frau Lamberty beschäftigt sich weder mit Gentechnik noch mit Landwirtschaft oder dem Hungerproblem in
der Dritten Welt, sondern mit „Fake-News“ auf Social Media-Plattformen. Wir denken nicht, dass sie zu den Aussagen,
die sie im Faktenfinder über Vandana Shiva macht, qualifiziert ist.

Sechster Abschnitt „Grüne Gentechnik ein Rädchen mit viel Potential"

Im letzten Abschnitt wird Vandana Shiva nicht mehr erwähnt, trotzdem soll noch auf die Aussage von Jochen Kumlehn
eingegangen werden, es sei „Konsens in der Wissenschaft, dass grüne Gentechnik kein höheres Risiko birgt als
konventionelle Züchtung“. Es ist offensichtlich, dass dies der Unwahrheit entspricht. Andernfalls wären gentechnisch
veränderte Organismen in der EU nicht strengsten Regelungen unterworfen. Genau weil die Risiken noch nicht
eingehend erforscht sind und nicht ausgeschlossen werden können, gilt immer noch das Vorsorgeprinzip. Dass dies auch
weiterhin so bleibt, forderte erst kürzlich erneut der Verbraucherzentrale Bundesverband sowie auch die SPD Fraktion
im Bundestag.

Im vorletzten Absatz des Artikels ist schließlich zu lesen:

„Grüne Gentechnik kann aber laut Agrarwissenschaftler Gornott auch negative Entwicklungen begünstigen. Das habe vor allem mit dem Agrarsystem zu tun. Denn in der konventionellen Landwirtschaft gehe es insbesondere darum, einen möglichst hohen Output zu haben, auch wenn dafür viele Ressourcen verwendet werden müssten, sagt er. Zudem leide in Agrarsystemen, in dem grüne Gentechnik eingesetzt werde, häufig die Biodiversität.“

Der Verlust an Biodiversität ist in der Tat eines der größten Probleme, denen wir uns als Menschheit gegenübersehen.
So gehen fast 50% des weltweiten Insektensterbens auf das Konto der Agrarindustrie, wie aus einer Graphik im Artikel
„Biodiversität – Natur als Schlüssel fürs Überleben“ der Deutschen Welle anschaulich hervorgeht. Nichts anderes sagt
auch Vandana Shiva, die sich seit über 40 Jahren für den Erhalt der biologischen Vielfalt auf unserem Planeten einsetzt.

Zusammenfassung

Abschließend kann festgestellt werden, dass sich der vorliegende Faktenfinder-Artikel größtenteils auf unfundierte und
widerlegbare Kritik an der Person Vandana Shivas konzentriert, ohne sich fachlich mit ihrer Arbeit
auseinanderzusetzen. Es wurden lediglich industrienahe und/oder unqualifizierte Quellen verwendet, ohne unabhängige
Sichtweisen, andere Standpunkte oder Gegenargumente zu beleuchten. Aussagen von Vandana Shiva wurden aus dem
Kontext gerissen oder verzerrt, Sachverhalte irreführend wiedergegeben.

Der Artikel ist weit von einer sachlichen und ausgewogenen Analyse der Fakten entfernt, zudem tendenziös verfasst
(siehe Einleitung „Seit Jahrzehnten wird die indische Aktivistin Vandana Shiva von Umweltorganisationen, Politikern
und Medien hofiert“) und stellt schwere Anschuldigungen („Desinformation und Verbreitung von
Verschwörungsmythen“) in den Raum, die aber nicht glaubhaft untermauert werden. Dies kann keinesfalls mit Presse-
oder Meinungsfreiheit gerechtfertigt werden, zumal es sich um einen sogenannten Faktencheck handeln soll.
Die Aufgabe eines öffentlich-rechtlichen, von Gebühren finanzierten Mediums ist es, durch unabhängigen, kritischen
und ausgewogenen Journalismus objektive, umfassende und neutrale Informationen anzubieten und eine sachliche,
klare und nichttendenziöse Orientierung in der heutigen Informationsflut zu gewährleisten. Im Falle des vorliegenden
Faktenfinder-Artikel ist dies definitiv nicht gelungen.

Zusammen mit dem vorherigen Vorwurf des „Beugens der Wahrheit“ im Beitrag „Titel, Thesen, Temperamente“ vom
26.11.2022 hat die ARD unserer Ansicht nach sowohl ihre Sorgfaltspflicht als auch die Persönlichkeitsrechte von
Vandana Shiva verletzt. Laut Presserecht gibt es zumindest einen Anspruch auf Gegendarstellung.

Pressekontakt:
Neue Erde Verlag
presse@neue-erde.de
www.vandana-shiva.de
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