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Eingabe § 13 NDRStV.: Deutsche Auffassung von Pressefreiheit in der Türkei - Tagesschau 05.03.2016 20:00 Uhr
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
dass die auflagenstärkste Oppositionszeitung der Türkei, „Zaman“, am 4.3. 16 unter Regierungsaufsicht gestellt und dies in der EU als „schwerer Schlag gegen die Pressefreiheit“ gesehen wurde, hat ARD-aktuell gleichentags ebenso zutreffend berichtet wie darüber, dass es in Istanbul heftige Proteste gab. Auch, als am 5.3. türkische Polizei in Istanbul das Zeitungsgebäude stürmte und eine Protestdemonstration einiger hundert Menschen gewaltsam niederschlug – sie ging mit Wasserwerfern und Tränengas-Schüssen gegen die Menschen vor – berichtete ARD-aktuell in Tagesschau und Tagesthemen erwartungsgemäß.
http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... 12905.html
http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... 12895.html
Im Anschluss an die Filmreportagen gab es in der Tagesschau am 6.3. einen kurzen Überblick über die Reaktionen in der EU. Der Beitrag endete mit dem Satz:
„Die Bundesregierung kommentierte den Fall Zaman bislang nicht.“
Diese Aussage war falsch und tendenziell irreführend, und deshalb erheben wir Programmbeschwerde. Mit Blick auf den innenpolitischen Kurs des türkischen Machthabers Recep Tayyip Erdogan hatte Bundesinnenminister de Maizière am Freitag erklärt:
(bundesweit in deutschen Medien verbreitet).„Wir sollten nicht der Schiedsrichter beim Thema Menschenrechte für die ganze Welt sein “
Dieser rechtsnihilistische und widerwärtig menschenverachtende Spruch des Bundes-Innenministers, immerhin des politischen Hüters unserer die Pressefreiheit garantierenden Verfassung, war auch auf die Vorgänge um die Zeitung Zaman bezogen, denn dass die dem Minister zum Zeitpunkt seines Interviews mit der "Passauer Neuen Presse" bekannt waren, darf vorausgesetzt werden und ergibt sich aus dem Gesamtspektrum der deutschen Presseveröffentlichungen.
Die Äußerung hätte auch für sich genommen berichtet werden müssen, denn sie ist von gleicher das geltende Verfassungsrecht verachtender Qualität wie der mittlerweile historische Spruch eines der Amtsvorgänger de Maizières, des CSU-Mannes Hermann Höcherl: „Die Beamten können nicht den ganzen Tag mit dem Grundgesetz unterm Arm herumlaufen.“
Der oben zitierte Schlusssatz in der Tagesschau-Meldung (Titel: „Kritik an Vorgehen gegen türkische Zeitung“) ist eine Falschmeldung, das Unterschlagen der de Maizère-Äußerung ein Ausdruck des regierungskonformistischen Kurses, auf dem ARD-aktuell geführt wird.
Wir fordern den Rundfunkrat auf, den Vorgang zu prüfen.
Höflich grüßen
Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer