Der Journalist Thomas Moser arbeitete viele Jahre für den SWR. Nun erhielt er eine kurze Nachricht: Er gehört ab sofort nicht mehr zum Autorenstamm. Was steckt hinter diesem Schritt?
Roberto De Lapuente hat mit Thomas Moser gesprochen.
De Lapuente: Der SWR hat Ihnen mitgeteilt, dass er die Zusammenarbeit mit Ihnen einstellen will. Wie lange haben Sie für den SWR gearbeitet und was ist die Begründung des Senders?
Moser: Es handelt sich hier um eine Kultur-Redaktion des SWR, für die ich zuletzt gearbeitet habe und für die ich seit mehr als 15 Jahren Buchbesprechungen mache. Die ursprüngliche Zusammenarbeit reicht noch weiter zurück. Vor wenigen Tagen hat man mir jetzt geschrieben, die Redaktion habe sich entschieden, dass ich künftig nicht mehr zum Autorenstamm gehören werde. Grund: Die Beiträge in der neuen Abendsendung würden andere Herangehensweisen erfordern, was Stil, Sound und Machart betreffe.
»Es müssen andere Motive vorliegen«
De Lapuente: Das klingt so, als schenkten Sie dieser Begründung keinen Glauben?
Moser: Als im März die Mitarbeiter über diese neue Abendsendung in Kenntnis gesetzt wurden, wurde auch ich noch informiert. Ich war im Verteiler und zählte offensichtlich noch zum Autorenstamm. Das Neue sollte sein: Die Buchkritiken wurden von 4:30 Minuten auf 4:00 Minuten gekürzt, außerdem sollten Zitate aus den Büchern und/oder O-Töne der Buchautoren mit aufgenommen werden. Die Beiträge heute hören sich an wie früher – nur, dass sie jetzt mit Zitaten oder O-Tönen angereichert sind. Nichts von neuem Sound. Ich habe übrigens auch schon einen Beitrag nach den neuen Regeln gemacht, also mit mehreren Zitaten darin. Nebenbei: Ich arbeite seit 35 Jahren für das öffentlich-rechtliche Radio und habe alle denkbaren Formate bedient, vom Zwei-Minuten-Kommentar, über eine 20-Minuten-O-Ton-Collage bis zum Ein-Stunden-Feature. Erstens gibt es in der besagten Sendung keine großen anderen Herangehensweisen und zweitens würde selbst das den Rauswurf von erfahrenen Mitarbeitern nicht rechtfertigen. Die Begründung ist also vorgeschoben und konstruiert. Es müssen andere Motive vorliegen.
De Lapuente: Sie sind Journalist – sie werden sich wohl Gedanken gemacht habe, welche Motive tatsächlich vorliegen …
Moser: Ich selber kritisiere seit Jahren immer wieder in Artikeln journalistisches Fehlverhalten in den ARD-Anstalten. Unter Corona und dem Ukraine-Kriegskurs hat das extrem zugenommen. Ich sehe es geradezu als Verpflichtung an, als ARD-Mitarbeiter auf ARD-Verfehlungen oder sogar Manipulationen hinzuweisen. Sonst überlässt man berechtigte Kritik der AfD oder der CSU, die die Öffentlich-Rechtlichen abschaffen wollen. Möglicherweise hat man diese Kritik im Sender gar nicht wahrgenommen, so bedeutend bin ich nicht. Das hat sich in diesem Frühjahr aber geändert, als eine Gruppe von ehemaligen und aktuellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) ein Manifest für die Erneuerung des ÖRR veröffentlicht hat. Das hat zu Reaktionen und Diskussionen geführt. In ARD und ZDF wurde man sehr aufmerksam und hat genau hingeschaut, wer da alles dabei ist. Das führte bis zu Vorladungen von einzelnen Mitarbeitern.
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»Anders zu berichten hätte geheißen, zu fälschen«
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