ARD - Faktenfinder ändert kommentarlos Beitrag zum BSW

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Maren
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ARD - Faktenfinder ändert kommentarlos Beitrag zum BSW

Beitrag von Maren »

Norddeutscher Rundfunk
Intendanz
Hugh-Greene-Weg 1
22529 Hamburg


Sehr geehrter Herr Knuth,

hiermit erheben wir Programmbeschwerde wegen unkommentierten inhaltlichen Änderns eines Beitrages des Faktenfinders im Onlineangebot der Tagesschau. Insgesamt wurden in der Beitragsversion vom 31.07.2024 drei abweichende Textstellen gefunden.

Der Einzelbeitrag „BSW - Auf Linie mit der russischen Propaganda“, der am 30.07.2024 offensichtlich darauf abzielte, die Glaubwürdigkeit der neuen politischen Bewegung um Sahra Wagenknecht (BSW) zu unterminieren, wurde in der Version vom 31.07.2024 (neben zwei geringfügigen Änderungen) um einen wesentlichen Fakt ergänzt, der sich als entlastend für Frau Wagenknecht herausstellt.

Faktenfinder Siggelkow monierte in der Ursprungsversion die Aussage Wagenknechts, dass der deutsche Rüstungshaushalt bei 90 Milliarden Euro liege und stellte dies als Falschbehauptung dar, obwohl Frau Wagenknecht sich in der Sendung explizit auf Regierungsangaben berief.

https://web.archive.org/web/20240730071825/https://www.tagesschau.de/faktenfinder/bsw-wagenknecht-ukraine-russland-100.html

In der korrigierten Version wurde Text um folgende Passage ergänzt:
„Diese werden jedoch nicht allein für Rüstungsgüter ausgegeben, wie Wagenknecht sagte, sondern auch für Betriebskosten, zum Beispiel fürs Personal. Auch Betreiberverträge zur Weiterentwicklung der Bundeswehr und Versorgungsausgaben fallen darunter. Zwar gab die Bundesregierung gegenüber der NATO an, für Verteidigung und Sicherheit insgesamt 90,6 Milliarden Euro auszugeben, behilft sich dabei allerdings mit Rechentricks: So sollen unter anderem auch Zinsen für Rentenzahlungen oder Entwicklungshilfeausgaben mit einberechnet sein.“
Fakten BSW.JPG
Fakten BSW.JPG (97.59 KiB) 12590 mal betrachtet
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/bsw-wagenknecht-ukraine-russland-100.html
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bundeswehr-nato-zwei-prozent-100.html (Verlinkung)

Die Beweise für die Richtigkeit Frau Wagenknechts Aussage zum deutschen Verteidigungsetat fanden sich demnach neben zahlreichen anderen Quellen etablierter Medien auch im Angebot der ARD. Wenn schon Fakten gefunden werden, welche die „Gegenseite“ entlasten, so sollten diese vom Faktenfinder auch transparent kenntlich gemacht werden. Es sei denn, man möchte Entlastendes verbergen.

Bei redaktionellen Änderungen oder Ergänzungen empfiehlt sich eine transparente Richtigstellung des fehlerhaften Teils der Behauptung oder einer Distanzierung vom fälschlich verbreiteten Inhalt. Medienadäquates Verhalten im Kontext journalistischer Sorgfalt schreibt eine transparente Kenntlichmachung von Korrekturen oder Ergänzungen an vergleichbarer Position vor, um denselben Empfängerkreis anzusprechen, welcher sich an falschen oder unvollständigen Behauptungen gestört hat – es ist insbesondere im Onlineangebot technisch ohne besonderen Aufwand machbar.

Wir sehen in der Unterlassung transparenter Korrekturvermerke Verstöße gegen Angebotsgrundsätze gemäß § 8 NDR-Staatsvertrag, insbesondere was die Wahrheitspflicht und das Gebot journalistischer Fairness betreffen. Auch wurde vom Faktenfinder unterlassen, seine Inhalte vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt zu prüfen.

§ 8 Gestaltung des Angebots

(1) Der NDR ist in seinen Angeboten zur Wahrheit verpflichtet. Er hat sicherzustellen, dass

1. die bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen aus dem Sendegebiet in den Angeboten angemessen zu Wort kommen können,
2. das Angebot nicht einseitig einer Partei oder Gruppe, einer Interessengemeinschaft, einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung dient und
3. in seiner Berichterstattung die Auffassungen der wesentlich betroffenen Personen, Gruppen oder Stellen angemessen und fair berücksichtigt werden. Wertende und analysierende Einzelbeiträge haben dem Gebot journalistischer Fairness und in ihrer Gesamtheit der Vielfalt der Meinungen zu entsprechen. Ziel aller Informationssendungen ist es, sachlich und umfassend zu unterrichten und damit zur selbständigen Urteilsbildung der Bürger und Bürgerinnen beizutragen.

(2) Berichterstattung und Informationssendungen haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen, auch beim Einsatz virtueller Elemente, zu entsprechen. Sie müssen unabhängig und sachlich sein. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen. Kommentare sind von der Berichterstattung deutlich zu trennen und unter Nennung des Verfassers oder der Verfasserin als solche zu kennzeichnen.

Aus Gründen der Transparenz werden wir diese Beschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins https://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.


Mit freundlichen Grüßen

Maren Müller
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Maren
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Re: ARD - Faktenfinder ändert kommentarlos Beitrag zum BSW

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Frau Müller,


vielen Dank für Ihre Zuschrift! Sie kritisieren darin, dass der faktenfinder-Artikel "BSW - Auf Linie mit der russischen Propaganda" vom 30. Juli 2024 auf tagesschau.de unkommentiert inhaltlich geändert worden sei. In der Beitragsversion vom 31. Juli 2024 seien drei abweichende Textstellen gefunden worden. Der Artikel habe Ihrer Ansicht nach darauf abgezielt, die Glaubwürdigkeit der neuen politischen Bewegung um Sahra Wagenknecht zu unterminieren. In der Version vom 31. Juli 2024 sei neben zwei geringfügigen Änderungen ein wesentlicher, für Frau Wagenknecht entlastender Fakt ergänzt worden. Sie kritisieren, dass in der Ursprungsversion des Artikels Wagenknechts Aussage zum deutschen Rüstungshaushalt von 90 Milliarden Euro als Falschbehauptung dargestellt worden sei, obwohl sich Frau Wagenknecht explizit auf Regierungsangaben berufen habe. Die korrigierte Version sei um eine Passage ergänzt worden, die die Aussage Wagenknechts bestätige und erkläre.

Es geht Ihnen dabei um den folgenden Absatz: Diese (Anm: 72 Milliarden Euro) werden jedoch nicht allein für Rüstungsgüter ausgegeben, wie Wagenknecht sagte, sondern auch für Betriebskosten, zum Beispiel fürs Personal. Auch Betreiberverträge zur Weiterentwicklung der Bundeswehr und Versorgungsausgaben fallen darunter. Zwar gab die Bundesregierung gegenüber der NATO an, für Verteidigung und Sicherheit insgesamt 90,6 Milliarden Euro auszugeben, behilft sich dabei allerdings mit Rechentricks: So sollen unter anderem auch Zinsen für Rentenzahlungen oder Entwicklungshilfeausgaben mit einberechnet sein.

Der Artikel, auf den Sie sich beziehen, handelt von Falschbehauptungen und prorussischen Narrativen, die das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Bezug auf den Krieg in der Ukraine verbreitet. Es werden mehrere Beispiele angeführt, in denen Wagenknecht und andere BSW-Mitglieder Fehlinformationen verbreitet oder Fakten verzerrt dargestellt haben, oft im Einklang mit der Kreml-Propaganda. Der Osteuropaexperte Klaus Gestwa, Direktor des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde an der Universität Tübingen, erläutert beispielsweise, dass das BSW als "Verstärker der Kreml-Narrative" fungiere, indem es russische Sichtweisen übernehme und verbreite. Er bewertet die Friedensappelle des BSW als unglaubwürdig und bezeichnen sie als "russische Diktat-Friedensbewegung". Julia Smirnova, Senior Researcher am Institute for Strategic Dialogue, führt an, dass russische Propagandakanäle die Aussagen Wagenknechts häufig aufgreifen und weiterverbreiten würden. Abschließend wird im Artikel erwähnt, dass russische Staatsmedien in den Monaten vor der Europawahl positiv über das BSW und die AfD berichtet haben, was als Teil einer langfristigen Strategie zur Unterstützung russlandfreundlicher politischer Kräfte in Europa gesehen wird.

In dem Artikel heißt es unter anderem, dass Wagenknecht in der Talkshow „Maybrit Illner“ behauptet habe, dass der deutsche Rüstungshaushalt bei 90 Milliarden Euro liege. Mit dem Wort „Rüstungshaushalt“ liegt der Verdacht nahe, dass Wagenknecht sich auf den Verteidigungshaushalt der deutschen Bundesregierung bezieht. Denn dort wird das Budget für die Verteidigung und damit auch für Rüstungsgüter festgelegt. Dieser ist jedoch nur ein Posten von vielen des Verteidigungshaushalts. Der Verteidigungshaushalt für das laufende Jahr liegt regulär bei 51,95 Milliarden Euro, hinzu kommen 19,8 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für die Beschaffung von militärischer Ausrüstung. Das macht insgesamt knapp 72 Milliarden Euro. Die Aussage von Wagenknecht, dass der deutsche Rüstungshaushalt bei 90 Milliarden Euro liege, ist folglich nicht richtig.

Später sagte Wagenknecht in der Sendung, dass Deutschland 90 Milliarden Euro für Waffen ausgebe. Würde diese Zahl stimmen, müsste dies aus dem Verteidigungshaushalt hervorgehen, da dort das Budget für Rüstungsgüter festgelegt wird. Doch auch hier stimmt die Zahl nicht mit dem Etat für den Verteidigungshaushalt überein. Rüstungsausgaben – und somit Waffen – sind lediglich ein Posten von mehreren. Die Summe, die Deutschland allein für Waffen ausgibt, liegt deutlich darunter.

Zwar gab die Bundesregierung gegenüber der NATO an, für Verteidigung und Sicherheit insgesamt 90,6 Milliarden Euro auszugeben, behilft sich dabei allerdings mit Rechentricks: So sollen unter anderem auch Zinsen für Rentenzahlungen oder für vergangene Anschaffungen für die Bundeswehr sowie Entwicklungshilfeausgaben mit einberechnet sein. Auch Kindergeldzahlungen an Bundeswehrangehörige aus dem Bundesfamilienministerium sind in die Summe miteingerechnet, ebenso Versorgungsleistungen für die ehemaligen Angehörigen der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. (Über diese Rechentricks hatte tagesschau.de am 16. Juni 2024 berichtet).

Im Artikel des faktenfinders auf tagesschau.de wurden die Angaben der Bundesregierung gegenüber der NATO im Nachhinein noch in den Artikel mit aufgenommen, um aufzuzeigen, dass die Aussage Wagenknechts auch mit Blick darauf falsch ist. Denn wie dargelegt, kann die Bundesregierung gegenüber der NATO viele Kosten anführen, die wenig mit „Rüstung“ oder „Waffen“, wie Wagenknecht es sagt, zu tun haben.

Die Ergänzung im faktenfinder-Artikel wurde dadurch kenntlich gemacht, dass der Zeitstempel aktualisiert wurde. Ein Korrekturhinweis ist nur dann notwendig, wenn falsche Informationen im Artikel korrigiert werden. Das war hier nicht gegeben.

Die Aussagen Wagenknechts, Deutschland habe einen Rüstungshaushalt von 90 Milliarden Euro beziehungsweise würde 90 Milliarden Euro für Waffen ausgeben, bleiben faktisch falsch.

Es gibt zahlreiche weitere Medienberichte, die diese Bewertung teilen. Unter anderem von t-online, der Welt und der Frankfurter Rundschau:

https://www.t-online.de/nachrichten/deu ... h-auf.html
https://www.welt.de/vermischtes/article ... retat.html
https://www.fr.de/politik/wagenknecht-b ... 83400.html

Mit freundlichen Grüßen

Marcus Bornheim
Chefredakteur ARD-aktuell
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Maren
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Re: ARD - Faktenfinder ändert kommentarlos Beitrag zum BSW

Beitrag von Maren »

NORDDEUTSCHER RUNDFUNK
Gremienbüro/Intendanz
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg


Vorab via Mail:
gremienbuero-beschwerden@ndr.de
intendanz@ndr.de



Sehr geehrte Damen und Herren Rundfunkräte,
sehr geehrter Herr Knuth,

wir erhoben am 01.08.2024 Programmbeschwerde wegen unkommentierten inhaltlichen Änderns eines Beitrages des Faktenfinders im Onlineangebot der Tagesschau. Die Beitragsversion vom 31.07.2024 enthielt drei abweichende Textstellen von der Originalversion, deren Änderungen weder kenntlich gemacht noch die inhaltliche Richtigstellung transparent dargestellt wurden.

Ursprungsversion beanstandeter Beitrag: https://web.archive.org/web/20240730071825/https://www.tagesschau.de/faktenfinder/bsw-wagenknecht-ukraine-russland-100.html

Geänderte Version: https://web.archive.org/web/20240730071825/https://www.tagesschau.de/faktenfinder/bsw-wagenknecht-ukraine-russland-100.html

Unsere Programmbeschwerde richteten wir an den Intendanten des NDR, geantwortet bzw. unterschrieben hat der Chefredakteur von ARD-aktuell, Marcus Bornheim.

Es ist demnach davon auszugehen, dass Herr Knuth keine Kenntnis von der Arbeitsweise des hauseigenen Faktenfinders hat, die in eklatanter Weise von der journalistischen Sorgfaltspflicht abweicht, die in den Qualitätsrichtlinien des NDR, der Staats- und Medienverträge, sowie im Pressekodex festgeschrieben sind.

Jeder Blogger, der etwas auf sich hält, kennzeichnet inhaltliche Änderungen transparent und fair und gesteht auch Fehlinformationen ein.

Beispiel: https://www.mimikama.org/bsw-verbreitung-russischer-propaganda/
BSW MIMIKAMA.JPG
BSW MIMIKAMA.JPG (114.3 KiB) 9963 mal betrachtet
Laut Antwortschreiben von Marcus Bornheim sei es ausreichend, wenn textliche Ergänzungen im beanstandeten Artikel durch die Aktualisierung des Zeitstempels kenntlich gemacht würden. Ein Korrekturhinweis sei nur dann notwendig, wenn falsche Informationen im Artikel korrigiert werden. Das Problem bei dieser Argumentation ist, dass der Ursprungs-Artikel sehr wohl falsche Informationen enthielt und die Politikerin Sahra Wagenknecht durch den Faktenfinder Siggelkow ehrenrührig der gezielten Verbreitung prorussischer Desinformation bezichtigt wurde.

1.) Warum sonst wurde der Artikel nachträglich geändert, wenn er keine Fehler enthielt?

2.) Warum sollte das Fehlen von - zum Verständnis des Geschriebenen - wichtigen Kontextes nicht als Fehler betrachtet werden? Der BR-Faktenfuchs (ARD) etwa sieht das so, wenn er schreibt: "Eine aufgestellte Behauptung, die wichtigen Kontext auslässt oder bei der eine Einordnung von Zahlen in den Kontext fehlt, bezeichnen wir als irreführend."
Quelle: https://www.br.de/nachrichten/deutschla ... ck,Ta4ci8u

3.) Ist die Änderung des Satzes „So suggerierte Wagenknecht beim ZDF-Polittalk von Maybrit Illner, das Kiewer Krankenhaus Ochmadyt sei nicht von einer russischen Rakete abgeschossen worden, sondern mutmaßlich von einer ukrainischen Flugabwehrrakete“ zu "...sei nicht von einer russischen Rakete getroffen worden, sondern mutmaßlich von Trümmerteilen einer ukrainischen Flugabwehrrakete" nicht als Korrektur eines Fehlers zu werten, die transparent gemacht werden müsste?

In der Version des Beitrags „Bündnis Sahra Wagenknecht: Auf Linie mit der russischen Propaganda“ von Pascal Siggelkow vom 30.07. um 8:59 Uhr hieß es:

„Ebenfalls bei einer Polittalkshow hatte Wagenknecht behauptet, dass der deutsche Rüstungshaushalt bei 90 Milliarden Euro liege. Auch das ist nicht richtig. Der Verteidigungshaushalt für das laufende Jahr liegt regulär bei 51,95 Milliarden Euro, hinzu kommen 19,8 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für die Beschaffung von militärischer Ausrüstung. Das macht insgesamt knapp 72 Milliarden Euro.“

Diese Art Rosinenpickerei zu nutzen, nur um Wagenknecht faktische Fehler in der Argumentation zu unterstellen, ist eines seriösen Journalismus unwürdig. Der Begriff Rüstungshaushalt wird oft synonym für Militärausgaben und Verteidigungsausgaben, Verteidigungsetat bzw. Verteidigungshaushalt verwendet. Man findet auch in den Angeboten von ARD-aktuell passende Beispiele, die nach Siggelkows Diagnose glatte Desinformation wären. Die Zahl entspricht exakt der offiziellen Meldung der deutschen Bundesregierung über die Verteidigungsausgaben an die NATO vom Juni 2024. https://www.tagesschau.de/ausland/europa/nato-verteidigungsausgaben-106.html


Entsprechend angepasst erschien dann die geänderte Version vom 31.07. um 18:16 Uhr, die inhaltlich dazu geeignet ist, die Position Wagenknechts zu stützen:

„Zwar gab die Bundesregierung gegenüber der NATO an, für Verteidigung und Sicherheit insgesamt 90,6 Milliarden Euro auszugeben, behilft sich dabei allerdings mit Rechentricks: So sollen unter anderem auch Zinsen für Rentenzahlungen oder Entwicklungshilfeausgaben mit einberechnet sein.“

Wenn das keine Korrektur einer Falschinformation ist, was ist es dann? Schließlich beruhte die angebliche Falschaussage Wagenknechts auf Angaben der Regierung.

Eine weitere Falschbehauptung lieferte Siggelkow in der Ursprungsversion mit dem Satz:

„So suggerierte Wagenknecht beim ZDF-Polittalk von Maybrit Illner, das Kiewer Krankenhaus Ochmadyt sei nicht von einer russischen Rakete abgeschossen worden, sondern mutmaßlich von einer ukrainischen Flugabwehrrakete.“

Dieser inhaltliche Fehler wurde im Beitrag ohne Kenntlichmachung folgendermaßen korrigiert:

“ … sondern mutmaßlich von Trümmerteilen einer ukrainischen Flugabwehrrakete getroffen worden.“

Die im Ursprungsbeitrag insinuierte Unterstellung und fragwürdige Formulierung, Wagenknecht hätte suggeriert, eine ukrainische Flugabwehrrakete habe das Kiewer Krankenhaus Ochmadyt „abgeschossen“, birgt eine erheblich brisantere inhaltliche Aussage als die tatsächliche Formulierung Wagenknechts, dass die Zerstörung mutmaßlich durch Trümmerteile von Raketen verursacht worden sei. Ein Hinweis auf diese Korrektur wäre schon aus journalistischem Anstand notwendig gewesen. Marcus Bornheim räumt darüber hinaus in seinem Antwortschreiben ein, dass der Artikel im Nachhinein geändert wurde, um auf ein Gegenargument einzugehen, was gleichwohl für die Relevanz der inhaltlichen Änderung spricht.

Aus Gründen der Auffindbarkeit und Transparenz halten wir eine öffentliche Korrektur in einem neuen Beitrag für erforderlich.

Begründung:

- Die unkommentierte Änderung des Zeitstempels spricht nicht für Transparenz, sondern für Desinformation.
- Es ist nicht erkennbar, wann der Artikel erstmalig erschienen ist und ob es eine Vorversion gab.
- Die inhaltlichen Änderungen sind nicht erkennbar, außer, man bemüht (wie wir) das Internetarchiv.
- Das Einfügen fehlenden Kontextes ist in jedem Fall eine inhaltliche Korrektur.
- Der Faktenfinder unterstellt Wagenknecht Falschaussagen und verschweigt die Korrektur.
- Die fehlerhafte Ursprungsfassung des Artikels stand am Tag des Erscheinens als Aufmacher auf der Startseite von Tagessschau.de.
- Die korrigierte Fassung schaffte es trotz veränderten Zeitstempels nicht auf die Startseite.
- Wie immer dürfte der Anteil der Rezipienten gering sein, die sowohl die irreführende Ursprungsversion gelesen als auch die Korrekturen zur Kenntnis genommen haben.
- Bedenkliche Breitenwirkung: Im Wikipedia-Eintrag zum BSW wurde das Unterkapitel „Prorussische Positionen und Desinformationsvorwürfe“ nach Erscheinen des fehlerhaften Faktenfinder-Artikels und offensichtlich auf dessen Basis eingefügt. Bis 31.7. gab es diesen Eintrag noch nicht.

Das umfangreiche Antwortschreiben des Chefredakteurs Marcus Bornheim besteht größtenteils aus Wiederholungen unserer Vorwürfe und nicht seriös belegbaren Beschuldigungen unter Berufung auf andere Quellen oder „Experten“, wodurch die Beweislast und die damit verbundene journalistische Eigenverantwortung des Faktenfinders für die Außenwirkung der verbreiteten Anschuldigungen umgangen werden. Die von uns geforderte transparente Kenntlichmachung redaktioneller Änderungen stellt zudem keine größeren Anforderungen in Bezug auf geistig und körperlichen Arbeitsaufwand dar. Dessen Vermeidung jedoch lässt Rückschlüsse auf die Arbeitsweise einzelner Mitarbeiter des NDR zu.

Die von uns beanstandete Vorgehensweise des Faktenfinders verstößt gegen folgende Richtlinien für seriösen Journalismus:

Qualitätsrichtlinie der Rundfunkräte für die ARD-Gemeinschaftsangebote, gem. § 31 Abs. 4 MStV

Siehe Punkt 6.3: Inhaltliche Korrekturen oder Richtigstellungen sind an geeigneter Stelle und in angemessener Weise darzustellen.
https://www.ndr.de/der_ndr/unternehmen/ ... nie100.pdf

In Ziffer 3 des Pressekodex – Richtigstellung heißt es:

Veröffentlichte Nachrichten oder Behauptungen, insbesondere personenbezogener Art, die sich nachträglich als falsch erweisen, hat das Publikationsorgan, das sie gebracht hat, unverzüglich von sich aus in angemessener Weise richtig zu stellen.

Richtlinie 3.1 – Anforderungen

(1) Für den Leser muss erkennbar sein, dass die vorangegangene Meldung ganz oder zum Teil unrichtig war. Deshalb nimmt eine Richtigstellung bei der Wiedergabe des korrekten Sachverhalts auf die vorangegangene Falschmeldung Bezug. Der wahre Sachverhalt wird geschildert, auch dann, wenn der Irrtum bereits in anderer Weise in der Öffentlichkeit eingestanden worden ist.

(2) Bei Online-Veröffentlichungen wird eine Richtigstellung mit dem ursprünglichen Beitrag verbunden. Erfolgt sie in dem Beitrag selbst, so wird dies kenntlich gemacht.“


„Die Empfindung, dass mit manchen Beiträgen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk etwas nicht stimmt, teilen inzwischen viele Menschen. Und dieser Eindruck, manipuliert zu werden, folgt nicht aus einzelnen Fehlern, die man gutwillig oder böswillig interpretieren kann. Der Eindruck der Manipulation rührt von einem viel tiefer gehenden Phänomen her.“ (Stegemann 2023)

Eines davon beklagen wir hiermit und bitten dabei um Ihre unvoreingenommene Unterstützung.

Aus Gründen der Transparenz werden wir diesen Schriftverkehr sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins https://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen


Maren Müller
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Re: ARD - Faktenfinder ändert kommentarlos Beitrag zum BSW

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Frau Müller,

vielen Dank für Ihr Interesse am Programm des NDR und Ihre entsprechende Nachricht vom 28.08.2024.
Wir möchten jede Zuschrift sorgfältig prüfen. Bitte haben Sie deshalb Verständnis dafür, dass die Beantwortung Ihres Schreibens ggf. etwas Zeit in Anspruch nehmen kann.
Bitte geben Sie uns diese Zeit. Wir kommen dann unaufgefordert wieder auf Sie zu.

Mit freundlichen Grüßen

Gremiengeschäftsstelle
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Tel: +49 (0) 40 4156 3506
E-Mail: gremienbuero-beschwerden@ndr.de
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Re: ARD - Faktenfinder ändert kommentarlos Beitrag zum BSW

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Frau Müller,

vielen Dank für Ihr Interesse am Programm des NDR und Ihre o. g. Beschwerde.

Die Geschäftsordnung des NDR Rundfunkrates sieht in § 7 vor, dass zunächst der Intendant des Norddeutschen Rundfunks die Möglichkeit erhält, zu Ihrer Beschwerde Stellung zu nehmen.

Ich habe Ihr Anliegen daher an Herrn Joachim Knuth weitergeleitet mit der Bitte, Ihnen innerhalb eines Monats zu antworten.

Sollte die Antwort des Intendanten Sie nicht zufriedenstellen, können Sie sich gerne erneut an den Rundfunkrat wenden, um die Beratung Ihres Anliegens im Gremium zu erreichen.

Als Anlage habe ich Ihnen § 7 der Geschäftsordnung beigefügt.
20231101_Anlage_Auszug aus GO des RR des NDR_§ 7.pdf
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Mit freundlichen Grüßen

Dietmar Knecht
Vorsitzender NDR Rundfunkrat
__________________________
Norddeutscher Rundfunk
Gremiengeschäftsstelle
Rothenbaumchaussee 132
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Tel: +49 (0) 40 4156 3506
E-Mail: gremienbuero-beschwerden@ndr.de
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Re: ARD - Faktenfinder ändert kommentarlos Beitrag zum BSW

Beitrag von Maren »

Sehr geehrte Frau Müller,

vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 28. August 2024 an den Rundfunkrat. Sie kritisieren darin den faktenfinder-Artikel "Auf Linie mit der russischen Propaganda".
Ich habe die verantwortliche Redaktion gebeten, Ihre Kritikpunkte zu prüfen und dazu Stellung zu nehmen.
Diese Stellungnahme finden Sie im Anhang zu meinem Schreiben. Ich hoffe, dass Ihnen mit diesen Ausführungen geholfen ist und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Joachim Knuth
Norddeutscher Rundfunk
Intendant
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Tel.: +49 40 4156 2021
Fax: +49 40 4156 2005
Dateianhänge
Stellungnahme BWS_NDR.pdf
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Re: ARD - Faktenfinder ändert kommentarlos Beitrag zum BSW

Beitrag von Maren »

Anmerkung:

Es fällt auf, dass sich die Rundfunkanstalten offenbar darauf geeinigt haben, Programmbeschwerden der Publikumskonferenz demonstrativ als Privatangelegenheit der Unterzeichner zu betrachten, obwohl wir die Beschwerden per Briefpost, auf Briefbögen mit unserem Briefkopf und ordentlich frankiert an die Ansprechpartner senden. Es ist klar, dass sich - wie in anderen Organisationen auch - eine Person der Bearbeitung des Schriftverkehrs annehmen muss - das bin zumeist ich oder der stellvertretende Vorsitzende. Inzwischen müsste sich jedoch herumgesprochen haben, dass wir auch Programmbeschwerden Dritter bearbeiten, wobei viele Eingaben nicht den notwendigen Kriterien entsprechen und daher nicht berücksichtigt werden.

Weiterhin fällt auf, dass sich die Programmverantwortlichen in letzter Zeit vermehrt vorsätzlich dumm stellen, die Kernvorwürfe der Eingaben ignorieren und somit Vorgänge künstlich in die Länge ziehen. Die Schriftstücke aus den Redaktionen werden inhaltlich aufgebläht, indem die Argumente der Beschwerdeführer umständlich wiederholt werden, anstatt sich einer konsistenten Begründung zu befleißigen und dabei möglichst beigefügte Quellen zu berücksichtigen.

Zum aktuellen Vorgang: Im Eingangsschreiben wurde angesichts der redaktionellen Änderungen/Ergänzungen des Faktenfinder-Beitrages lediglich die transparente Kenntlichmachung von Korrekturen oder Ergänzungen an vergleichbarer Position gefordert. Onlinemedien versehen inhaltlich veränderte bzw. korrigierte Artikel in der Regel mit einem entsprechenden Vermerk. Ein veränderter Zeitstempel bietet keinen Ersatz für die transparente Kenntlichmachung inhaltlicher Änderungen. Wo genau das große Problem der Redaktion liegt, ein solches allgemein gängiges Prozedere auch dem hauseigenen Faktenfinder zuzumuten, bleibt wohl weiterhin im Dunklen.

Maren Müller
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