Programmbeschwerde: Einseitige und irreführende Berichterstattung über den Konflikt im Südchinesischen Meer seitens ARD-aktuell am 12.07. 2016
http://www.tagesschau.de/multimedia/sen ... 14977.html
http://www.tagesschau.de/ausland/suedch ... r-117.html
Sehr geehrte Damen und Herren,
zur Abwechslung machte ARD-aktuell einmal nicht gegen Russland Stimmung, sondern gegen die VR China, aber auch das natürlich fast gestützt auf transatlantische Brückenpfeiler.
Vor der Hintergrund-Grafik
Südchinesisches Meer - Gericht weist Pekings Ansprüche zurück
verkündete die Tagesschau um 20 Uhr:
Im Streit um die Hoheitsrechte im Südchinesischen Meer hat China eine juristische Niederlage erlitten. Der Internationale Schiedshof in den Haag erteilte dem Anspruch Pekings auf 80 Prozent des Gebiets eine Absage. Die Richter gaben damit nach mehrjährigen Verhandlungen den Philippinen Recht. Peking kündigte jedoch an, das Urteil zu ignorieren. Die meisten der weit mehr als 100 Paracel- und Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer sind Atolle und Riffe, die kaum aus dem Wasser ragen. Neben China erheben auch Taiwan, Brunei, Malaysia, Vietnam und die Philippinen Hoheitsansprüche. Gründe sind die strategische Lage der Inseln und mögliche Bodenschätze. Außerdem verläuft dort eine wichtige Schiffsroute.
Im www-Portal tagesschau.de wurde noch kräftiger danebengeklotzt:
Nach Urteil des UN-Schiedsgerichts - Streit um Südchinesisches Meer geht weiter
Seit Jahrzehnten schwelt der Streit um das Südchinesische Meer. China habe kein Anspruch auf das Gebiet, urteilte nun das UN-Schiedsgericht in Den Haag. Die Philippinen begrüßen den Spruch, doch Peking erkennt ihn nicht an.
Im Streit zwischen China und den Philippinen um das fischreiche und für die Schifffahrt wichtige Südchinesische Meer hat das UN-Schiedsgericht die Ansprüche aus Peking klar zurückgewiesen. Für eine chinesische Hoheit über Ressourcen in großen Teilen des Gewässers gebe es keine historische oder rechtliche Grundlage, urteilte der internationale Gerichtshof in Den Haag.
Das chinesische Außenministerium erklärte umgehend, der Spruch sei "null und nichtig" und überdies nicht bindend. Präsident Xi Jinping betonte, er wolle keine Handlungen akzeptieren, die auf Grundlage der Entscheidung des Haager Schiedshofes zum Südchinesischen Meer getroffen werden.
Damit bleibt unklar, welche Folgen das Urteil haben wird. Es gibt keinen Mechanismus, um es auch umzusetzen. Außerdem kann das Gericht die von China bereits vorgenommenen Baumaßnahmen in dem Gebiet, wie etwa die Aufschüttung künstlicher Inseln, nicht rückgängig machen.
USA begrüßen Schiedsurteil
Den Schiedshof hatten die Philippinen angerufen, weil China einige Riffe und Atolle vor der philippinischen Küste besetzt hält und etwa 80 Prozent des Südchinesischen Meeres für sich reklamiert.
Daher begrüßten die Philippinen den Richterspruch und sprachen von einer "Meilenstein-Entscheidung". Auch Vietnams Regierung, die mit China ebenfalls über die Gebietshoheit über die Paracel - und Spratly-Inselgruppen streitet, äußerten sich zufrieden mit dem Urteil.
Die USA bezeichneten den Spruch als wichtigen Beitrag zu einer friedlichen Lösung des Konflikts. Man hoffe, dass sich China und die Philippinen nun daran hielten, sagte John Kirby, Sprecher des Außenministeriums.
Auch Japan beharrt auf Schiedsurteil
Neben den Philippinen und Vietnam forderte auch Japan als dritter betroffener Anrainer, den Spruch des Tribunals zu befolgen. Die Entscheidung sei "endgültig und rechtlich bindend", sagte der japanische Außenminister Fumio Kishida.
Tokio liegt mit Peking im Streit über Inseln im Ostchinesischen Meer. Außerdem zeigt sich das Land zunehmend besorgt über das militärische Auftreten Pekings in den regionalen Gewässern.
Stichwort: Ständiger Schiedsgerichtshof
Der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag soll die friedliche Beilegung internationaler Streitfälle erleichtern. Er wurde auf der ersten Haager Friedenskonferenz 1899 ins Leben gerufen. 121 Staaten sind ihm mittlerweile beigetreten. Die Einrichtung ist kein Gericht im traditionellen Sinn, sondern bietet den Rahmen, Streitigkeiten durch Schiedsverfahren zu lösen. Beim Verwaltungsrat wird eine Schiedsrichterliste geführt, aus der von Fall zu Fall ein Schiedsgericht - in der Regel drei Richter - gebildet werden kann. Die Streitparteien müssen sich dabei jeweils auf das Verfahren einigen.
Irreparable Schäden des Ökosystems
Das Tribunal in Den Haag warf Peking auch vor, mit der Aufschüttung einer künstlichen Insel auf dem Mischief-Korallenriff dem Ökosystem irreparable Schäden zugefügt zu haben. China begann in den zurückliegen Jahren, seine Ansprüche mit dem Bau von Landerampen und der Aufschüttung künstlicher Inseln zu untermauern.
Auch die philippinische Fischerei sei in dieser Zone gestört und die Ölförderung behindert worden sein. Peking habe ferner chinesische Fischer nicht davon abgehalten, mit ihren Booten in diese Zone einzudringen.
Kritik:
Entgegen dem hier erweckten Eindruck wurde kein Urteil gegen China verkündet, sondern lediglich ein Schiedsspruch. Er wurde nicht von einem internationalen Gericht geäußert, sondern von einer Schiedsstelle, dem Ständigen Schiedshof. Der hat zwar seinen Sitz ebenfalls in den Haag, aber weder mit dem Internationalen Gerichtshof noch dem Internationalen Seegerichtshof etwas zu tun. Diese beiden tatsächlichen Gerichte sind mit dem Streitfall nicht befasst.
Der Ständige Schiedshof (engl. Permanent Court of Arbitration – PCA; franz. Cour permanente d’arbitrage – CPA) ist auch keine Einrichtung der UNO. Er ist nur eine administrative Einrichtung ohne unmittelbare Entscheidungsbefugnis, kein internationales Gericht im eigentlichen Sinne.
Er bietet den Streitparteien nur Strukturen, um eine Streitigkeit außergerichtlich beizulegen.
China hat sich an diesem einseitigen „Schiedsverfahren“ von vornherein nicht beteiligt. Darüber sowie über die Gründe dafür informierte ARD-aktuell mit keinem Wort. Erst recht nicht über Pekings seit Jahren ständig wiederholte Forderung, den Konflikt in bilateralen Verhandlungen zu lösen, außerhalb der Einflussnahme der USA und Europas, die zwar beide erhebliche geostrategische und wirtschaftliche Interessen an dem Gebietsstreit haben, aber keinerlei Rechtsanspruch.
Ein weiteres Faktum, das die Bedeutung des Schiedsspruchs erheblich einschränkt, verschwieg ARD-aktuell ebenfalls: Die einseitige Besetzung der Richterbank in diesem Fall. Zitat aus der Wikipedia:
(...) Im Gegensatz zum Internationalen Gerichtshof (IGH) oder zum Internationalen Seegerichtshof (ISGH) bestimmen die Parteien bei schiedsgerichtlichen Verfahren die Besetzung der Richterbank. (...) ein hohes Maß an Flexibilität. So können die Parteien neben Person und Anzahl der Schiedsrichter auch den Zeitrahmen und die Verfahrensregeln festlegen.
Im Kastentext auf tagesschau.de wird die Problematik zwar angedeutet, aber erstens weniger klar, zweitens bezugsfrei – die VRCh hat sich an dem Schiedsverfahren nicht beteiligt, demzufolge nicht an der Auswahl der Richter und der Festlegung der Verfahrensregeln; entsprechend fragwürdig das gesamte Schiedsverfahren – und drittens eben nur in der Internet-Nische, nicht für das Millionenpublikum vorm Fernseher.
Die ARD-aktuell-Redaktion schweigt sich zu weiteren wesentlichen Sachverhalten aus. Sie erwähnt nicht, worauf die VR China ihre Hoheitsansprüche stützt. Das sind eben nicht nur historische Fakten der Nachkriegsordnung in der Konfliktregion, sondern auch Rechtsansprüche gemäß der Seerechtskonvention. Die Paracel-Inseln liegen z.B. auf dem chinesischen Festlandssockel. Die ARD-aktuell-Redaktion vergaß allerdings nicht, zu erwähnen
USA begrüßen Schiedsurteil
obwohl, wie gesagt, es kein „Urteil“ ist sondern nur ein nicht bindender Schiedsspruch, und obwohl in rechtlichem Sinne hier auch vollkommen irrelevant ist, was die US-Regierung dazu für Ansichten hat. Und selbstverständlich erwähnt ARD-aktuell nicht, dass die Philippinen einst eine Kolonie der USA waren und noch heute der Supermacht vollkommen unterworfene Vasallen, weit mehr Vertreter der Interessen Washingtons als der eigenen, gerade im vorliegenden Fall.
Auch Japan beharrt auf Schiedsurteil
,vermeldet ARD-aktuell noch, das vom Konflikt tausende Seemeilen entfernt liegt im Westpazifik, und dessen „Beharren“ hier von ebensolcher Wichtigkeit ist wie die bekannte Frage, ob in China ein Sack Reis umfällt. Aber auch auf Japan unterhalten die USA noch Garnisonen und missbrauchen es als ihren „Flugzeugträger“ im Wirtschaft- und Medienkrieg gegen die VR China.
Die Berichterstattung der ARD-aktuell über diesen Schiedsspruch aus den Haag erfüllt weder den Anspruch auf Sachlichkeit und Vollständigkeit, wie in den Programmrichtlinien im Staatsvertrag vorgegeben, noch das dortige Erfordernis, zur Völkerverständigung beizutragen; China-Bashing anstatt objektiver Konfliktdarstellung.
Höflich grüßen
Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer
Konflikt im Südchinesischen Meer
Re: Konflikt im Südchinesischen Meer
Betreff: Ihre E-Mail vom 13. Juli 2016
Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,
in Ihrer E-Mail vom 13. Juli 2016 kritisieren Sie die Berichterstattung der "Tagesschau" und auf tagesschau.de über den Internationalen Schiedsgerichtshof.
Ich habe die verantwortliche Redaktion von ARD-aktuell gebeten, zu Ihrer Kritik Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme finden Sie im Anhang.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Arno Beyer
Stv. Intendant | Direktor
______________________________
NDR Stellvertretende Intendanz
Rothenbaumchaussee 132
Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,
in Ihrer E-Mail vom 13. Juli 2016 kritisieren Sie die Berichterstattung der "Tagesschau" und auf tagesschau.de über den Internationalen Schiedsgerichtshof.
Ich habe die verantwortliche Redaktion von ARD-aktuell gebeten, zu Ihrer Kritik Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme finden Sie im Anhang.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Arno Beyer
Stv. Intendant | Direktor
______________________________
NDR Stellvertretende Intendanz
Rothenbaumchaussee 132
Re: Konflikt im Südchinesischen Meer
An den NDR-Rundfunkrat
Programmbeschwerde vom 13.7.2016
Wir sind mit der Darstellung des NDR unzufrieden, da die von uns kritisierten Nachrichten eindeutig und parteiisch gegen die Chinesische Volksrepublik gerichtet waren. Demgegenüber steht das Gebot in den Programmrichtlinien, dass Nachrichten neutral zu halten sind. Wir wollen die Kritik nicht im einzelnen wiederholen, aber allein auf die Positionen von Japan und die USA einzugehen, bedeutet allein dem Ziel, den Bashing-Effekt der Meldung zu verstärken. Darunter mag der NDR eine "Einordnung" verstehen, wir aber nicht. Es ist vielmehr eine der üblichen transatlantischen Propaganda-Methoden, um die Positionen Chinas zu diskreditieren.
Im übrigen zeigt dieser Vorgang erneut die besorgniserregende schlampige Arbeitsweise von ARD-aktuell, die aber wie üblich kleingeredet wird.
Als Lesetip für Rundfunkräte verweisen wir auf den Schnick-schnack-schnuck-Beitrag der Website "Rationalgalerie", auf der das Info-Dilemma von ARD-aktuell in dieser Angelegenheit treffend kommentiert wird:
http://www.rationalgalerie.de/schmock/a ... recht.html
F.Klinkhammer und V.Bräutigam
Programmbeschwerde vom 13.7.2016
Wir sind mit der Darstellung des NDR unzufrieden, da die von uns kritisierten Nachrichten eindeutig und parteiisch gegen die Chinesische Volksrepublik gerichtet waren. Demgegenüber steht das Gebot in den Programmrichtlinien, dass Nachrichten neutral zu halten sind. Wir wollen die Kritik nicht im einzelnen wiederholen, aber allein auf die Positionen von Japan und die USA einzugehen, bedeutet allein dem Ziel, den Bashing-Effekt der Meldung zu verstärken. Darunter mag der NDR eine "Einordnung" verstehen, wir aber nicht. Es ist vielmehr eine der üblichen transatlantischen Propaganda-Methoden, um die Positionen Chinas zu diskreditieren.
Im übrigen zeigt dieser Vorgang erneut die besorgniserregende schlampige Arbeitsweise von ARD-aktuell, die aber wie üblich kleingeredet wird.
Als Lesetip für Rundfunkräte verweisen wir auf den Schnick-schnack-schnuck-Beitrag der Website "Rationalgalerie", auf der das Info-Dilemma von ARD-aktuell in dieser Angelegenheit treffend kommentiert wird:
http://www.rationalgalerie.de/schmock/a ... recht.html
F.Klinkhammer und V.Bräutigam
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