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ARD-aktuell Berichterstattung – 140 Tote in Syrien

Verfasst: 16. Juni 2016, 22:34
von Maren
Programmbeschwerden: ARD-aktuell Berichterstattung am 22.2.16 – 140 Tote in Syrien

Unterdrücken der Meldung über das Attentat vom 11.6.2016

Sehr geehrte Rundfunkräte,

am 22.02.2016 20:58 Uhr war auf Tagesschau.de zu lesen, dass bei Anschlägen in Syrien – in Damaskus und Homs – 140 Menschen getötet wurden. Über die Verletzten gab es keine Angaben. Zu den Attentaten bekannte sich der IS, der vorübergehend Homs und Palmyra unter Kontrolle hatte. Erstmals gab es eine ähnliche kurze Meldung zur Nachtzeit. Daneben waren noch zwei Mitteilungen von 7 bzw. 17 Sekunden en passant in der Tagesschau über die Verbrechen zu vernehmen

Nach unserer Auffassung ist diese Art spärlicher Berichterstattung (24 Sekunden Film + ca 25 Zeilen Text) nicht mit den Programm-Richtlinien des NDR vereinbar. Sie wird weder der Bedeutung eines derartigen Terroranschlages für die syrische Bevölkerung noch dem Informationsinteresses der deutschen TV-Teilnehmer gerecht. Sie genügt auch nicht, Respekt vor den Opfern zu verdeutlichen. Sie marginalisiert das Verbrechen in Syrien deswegen, weil bei vergleichbaren Anschlägen – zuletzt in Orlando - eine gigantische Berichterstattung aufgezogen wurde. Insgesamt hat es bei der Orlando-TS-Nachrichtengestaltung in drei Tagen 60 (i.W. - sechzig -) videos, 40 (i.W.- vierzig- ) Meldungen, 38 (i.W. - achtunddreißig-) Sendungen und 9 Audios gegeben (Stand 15.6.16) Es entsteht bei dieser ungewöhnlich intensiven Berichterstattung der Eindruck, dass z.B. syrische Opfer weniger wert seien als das Leben US-amerikanischer Bürger. Verstärkt wird der Eindruck noch dadurch, dass in Orlando zum großen Teil im Nebel gestochert wird. Nach wie vor sind die Hintergründe der Tat unbekannt.

Vage Mutmaßungen und Spekulationen, mehr gibt es nicht. Mal war die Ursache für die Tätermotivation ein homophober Vater, mal war es der IS und dann wieder Schwulenhass. Ein Suhlen in Vermutungen. Es stellt sich in diesem Fall erneut die Frage, warum nicht einfach mal das Maul gehalten und gewartet wird, um die ersten Ermittlungsergebnisse der Behörden abzuwarten. Sieht man den gigantischen Informationsmüll, stellt sich zusätzlich die Frage, warum die Gebührenzahler diese überwiegenden Desinformationen auch noch teuer bezahlen müssen.

Das Verbrechen in Syrien am 11.6.2016, das 20 Menschen das Leben kostete wurde – im Gegensatz zu anderen Mainstreammedien – bei ARD-aktuell völlig verschwiegen.

Hierin liegen Verstöße gegen den Staatsvertrag.

Mit höflichem Gruß

F. Klinkhammer V. Bräutigam

Re: ARD-aktuell Berichterstattung – 140 Tote in Syrien

Verfasst: 5. August 2016, 09:35
von Maren
Stellungnahme des NDR zu unserer Programmbeschwerde vom 16.6.16 (Syrien, Massaker mit 140 Toten)
2016 07 11 Stellungnahme-Syrien 140 Tote.pdf
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Werte Rundfunkräte,

dass der Anstaltsvertreter Dr. Gniffke geübt in der Verzerrung und Manipulation von Nachrichten ist, hat er unzählige Male demonstriert. In seiner Stellungnahme zeigt er erneut seine Fähigkeit und Neigung zum Verdrehen von Tatsachen. Er versucht, wegzuleugnen, was nicht zu leugnen ist:

Dass ARD-aktuell nur "en passant" über die hohe Anzahl syrischer Opfer der Terroristen berichtete.

Nachgeprüft und zusammengezählt: In der Tagesschau am 21.2.16 um 20.00 h gab es einen Beitrag über Syrien. Mehr als 75 Prozent dieses Sendeteils handelten vom beabsichtigten Waffenstillstand, kaum ein Viertel (30 Sekunden) bezog sich auf die ermordetem Menschen. Entsprechend geringe Beachtung fanden sie in den Tagesthemen. Über die Attentate in Homs mit 46 Toten berichtete „tagesschau.de" mit 15 Zeilen. In der Sendung um 12.10h waren die IS-Morde gerade einmal 18 Sekunden wert. Am 22.2.2016 um 5:08 Uhr gab es 23 Zeilen. Am 22.2.2016 um 14:26 h erwähnte Schwenck die Opfer mit keinem Wort mehr.

Auf zwei Tage verteilt knapp zwei Minuten Sendezeit, zumeist außerhalb der prime time, und 38 Zeilen für ein monströses Verbrechen an weit mehr als hundert Menschen, das heisst in der Gniffke-Suada:

"Über die Ereignisse in Syrien wurde also nicht nur „spärlich“ berichtet, sondern umfassend und ausführlich - und zwar nicht nur an den beiden hier angesprochenen Tagen."

Trefflicher lässt sich argumentative Unaufrichtigkeit nicht dokumentieren.

Unbeantwortet liess dieser Anstaltsvertreter den Vorwurf, dass die 16 Toten, die am 1.6.16 zu beklagen und Berichtsthema in anderen Medien waren, bei ARD-aktuell keine Erwähnung fanden.

Unübersehbar ist das Missverhältnis zur ausgeuferten ARD-aktuell-Berichterstattung über den Amoklauf in Orlando/USA. Sie damit zu begründen, dass es das schwerste Verbrechen eines Einzeltäters war, ist erstens amoralisch und zweitens unzutreffend; so weit zurück in der Vergangenheit liegen die Verbrechen des „Green-River-Killers“ Ridgeway mit 50 Toten nicht.

"Im Nebel stochern“, wie das die hyperventilierende ARD-aktuell im Fall Orlando betrieb, hätte auf erheblich weniger Sendeminuten beschränkt werden können. Es ging der Redaktion aber ersichtlich nicht um Information, sondern um die Befriedigung von (auch eigener) Sensationsgier, geboten wurde mieser, billiger Boulevardjournalismus.

Sicherlich spielte auch der übliche Ethnozismus eine Rolle: tote US-Bürger sind im Ansehen von ARD-aktuell wichtiger und verdienen einfach mehr Aufmerksamkeit als irgendwelche abgemurksten Syrer, nicht wahr?

Die aufgezeigte Berichterstattung verstößt gegen die NDR-Programmrichtlinien.

Mit höflichem Gruß

F. Klinkhammer und Volker Bräutigam

Re: ARD-aktuell Berichterstattung – 140 Tote in Syrien

Verfasst: 18. September 2016, 13:45
von Maren
Sehr geehrter Herr Klinkhammer, sehr geehrter Herr Bräutigam,

die o.g. Beschwerde habe ich an den Programmausschuss des Rundfunkrates mit der Bitte um Beratung überwiesen.

Der Programmausschuss wird sich voraussichtlich in seiner Sitzung am 06.12.2016 mit Ihrem Anliegen befassen.
Die abschließende Beratung erfolgt voraussichtlich in der Sitzung des Rundfunkrates am 03.02.2017.

Über das Ergebnis der Beratungen werde ich Sie unterrichten.

Mit freundlichen Grüßen

Ursula Thümler
Vorsitzende NDR Rundfunkrat
_____________________________
NORDDEUTSCHER RUNDFUNK
Gremienbüro
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Tel. (040) 4156-3506
Fax (040) 4156-3452
E-Mail: gremienbuero@ndr.de

Re: ARD-aktuell Berichterstattung – 140 Tote in Syrien

Verfasst: 18. September 2016, 13:45
von Maren
Sehr geehrte Frau Thümler,

unverständlich für uns sind die langen Bearbeitungszeiten der Programmbeschwerden. In diesem Fall beträgt die Bearbeitungszeit 8 (!) Monate.
Wir halten dies für untragbar, zumal Ihrem Gremium immerhin 58 gut versorgte Rundfunkräte angehören. Als Rundfunkrat sollten Sie sich ernsthaft fragen, wie dieses unappetitliche Schneckentempo gegenüber den Beitragszahlern eigentlich noch zu rechtfertigen ist. Ein gutes Zeichen wäre - so unsere Auffassung -, wenn alle Rundfunkräte solange auf Ihre materiellen NDR-Privilegien verzichten würden, bis Sie mit Ihrer Arbeit wieder auf dem Laufenden sind. Das hätte aus unserer Sicht Stil und Format.

Wir bitten Sie, uns mitzuteilen, welche Gründe für die unerträgliche Bearbeitungsdauer maßgeblich sind. Wir erinnern Sie daran, dass Sie erst kürzlich ein größeres Bemühen bei der Frage der Bearbeitungsdauer zugesichert hatten.

F.Klinkhammer, V. Bräutigam