Worüber im Bundestagswahlkampf gesprochen wurde und worüber nicht
Der deutsche Bundestagswahlkampf 2025 war zum allergrößten Teil durch innenpolitische Themen geprägt. Hierzu zählte insbesondere auch die sogenannte Migrationsdebatte verbunden mit der Frage nach der inneren Sicherheit. In zwölf ausgewerteten reichweitenstarken Wahlsendungen spielte außenpolitisch einzig der Ukraine-Krieg eine relevante Rolle. Die Kriege und die humanitäre Lage in den Bürgerkriegsländern Jemen, Sudan und der Demokratischen Republik Kongo, aber auch der Nahostkonflikt (Gaza, Israel, Libanon, das Westjordanland) wurde in fast allen wichtigen Wahlsendungen vollständig übergangen. […]
Zu den am stärksten vertretenen Themen in den Sendungen gehörte die Migration (insbesondere verknüpft mit der Frage der inneren Sicherheit nach dem Anschlag in München am 13. Februar 2025). Von den 1.190 Minuten Gesamtsendezeit der zwölf Wahlsendungen entfielen 201 Minuten (16,9 Prozent) auf die Migrationsdebatte, die nahezu vollständig nur in seiner innenpolitischen Bedeutung erfasst wurde. […]
Fast 90 Prozent der Sendezeit bezog sich auf die Bundesrepublik. Etwa 9,5 Prozent der Sendezeit entfiel auf andere Staaten des Globalen Nordens (vor allem auf die Ukraine, Russland, die USA sowie auf die EU). 7 Minuten, also etwa 0,6 Prozent der Gesamtsendezeit beschäftigte sich mit Staaten der MENA (Middle East & North Africa)-Region, vorwiegend mit den Ländern Afghanistan, Syrien und Irak vor dem Hintergrund der Migrationsdebatte. Auf den restlichen Globalen Süden entfielen etwa 2 Minuten bzw. etwa 0,15 Prozent der Gesamtsendezeit (zum Beispiel wurde China in einigen Sendungen als wirtschaftlicher und politischer Konkurrent aufgezählt). […]
Die Dominanz von innenpolitischen Themen wurde in nennenswerter Weise einzig durch den Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen aufgebrochen. 147 Minuten (12,5 Prozent der Gesamtsendezeit) beschäftigten sich mit diesem Thema. […]
Demgegenüber wurden Kriege und Konflikte, die sich im Globalen Süden ereigneten, praktisch vollständig ignoriert. Hierzu gehört der seit mittlerweile zehn Jahren währende Bürgerkrieg im Jemen, den die Vereinten Nationen immer noch als einen der „schlimmsten humanitären Krisen weltweit“ („one of the world’s worst humanitarian crises“) bezeichnen sowie auch die Bürgerkriege im Sudan, wo über 11 Millionen Menschen auf der Flucht sind (das UNHCR sprach von einer „schrecklichen humanitären Krise von epischen Ausmaßen“ – „dire humanitarian crisis of epic proportions“) und in der Demokratischen Republik Kongo, wo Anfang Februar die Rebellengruppe M23 erneut Goma einnahmen, wobei Tausende Menschen starben und sich Massenvergewaltigungen ereigneten. […]
Sehr auffällig ist, dass selbst der Gaza-Krieg bzw. die Lage in Nahost (Gaza, Israel, Libanon, das Westjordanland) in fast allen Sendungen vollständig ausgespart wurde. Dies ist besonders überraschend, da das Thema in den vergangenen Monaten in den Nachrichten einen relativ großen Platz eingenommen hatte. […]
Insgesamt entfielen auf den Globalen Süden, wo etwa 85 Prozent der Weltbevölkerung leben, lediglich etwa 0,75 Prozent der Gesamtsendezeit aller untersuchten Wahlsendungen. Zur Einordnung: Alleine die Frage nach einem möglichen Tempolimit auf deutschen Autobahnen erhielt damit bereits mehr Sendezeit als der gesamte Globale Süden.
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