ZDF - Programmbeschwerde zu Kindersendung „Keine Taurus für die Ukraine“
Verfasst: 4. März 2024, 11:56
ZWEITES DEUTSCHES FERNSEHEN
z. Hd. Herrn Dr. Himmler
ZDF-Straße 1
55100 Mainz
Programmbeschwerde gemäß § 21 Abs. 2 der ZDF-Satzung wegen Verstoß gegen § 4 Absatz 1 Nr. 7 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag gegen den KIKA-Beitrag auf dem tiktok-Kanal un.logo „Keine Taurus für die Ukraine“
Anlage:
ZDF-Kindersendung verstört mit Kriegswaffen-Propaganda
Sonderbriefmarke „Für die Jugend“
Sehr geehrter Dr. Himmler,
ich erhebe formal Programmbeschwerde gegen den KIKA-Beitrag auf dem tiktok-Kanal un.logo (Bild Anlage 1) wegen Verstößen gegen die Rechtsgrundlagen und Vorschriften, die im ZDF-Staatsvertrag verankert und im gesetzlichen Auftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk definiert sind, insbesondere § 5 (1-3) sowie die internen Richtlinien des ZDF in Programmangelegenheiten. Darüber hinaus verstößt dieser Beitrag gegen § 15 Absatz 2 Nr. 2 Jugendschutzgesetz und § 4 Absatz 1 Nr. 7 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. (Kriegsverherrlichung)
Der tiktok-Kanal un.logo gehört zum Kinderkanal KIKA und liegt demzufolge in Ihrem Verantwortungsbereich als ZDF Intendant.
Die Mitarbeiter des ZDF orientieren sich an gemeinsamen Werten: Humanität, freiheitliche Demokratie, kulturelles Bewusstsein und unabhängiger Journalismus. Das ZDF ist seinem Fernsehpublikum verpflichtet. Es begegnet seinen Zuschauern mit Respekt und bietet ihnen Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit. Seine Programme sind den publizistischen, ethisch-moralischen und gesellschaftlichen Standards, sowie den rechtlichen Vorgaben der Sachlichkeit, Objektivität, Ausgewogenheit, Unabhängigkeit und Fairness verpflichtet. Das ZDF hat durch die Herausgabe der Mainzelmännchen-Sonderbriefmarke besonders hervorgehoben, für die Jugend zu sein. (Bild Anlage 2)
Diese an sich schon sehr hohen Kriterien sind bei einem Kinderkanal noch einmal höher zu bewerten. Das hebt der KIKA in seiner Selbstbeschreibung auch hervor:
„Für Grundschüler: Komplexes näherbringe:n Der Übergang vom Kindergarten zur Schule markiert für Kinder einen neuen Lebensabschnitt. Für sie beginnt auch eine neue Entwicklungsphase, in der sie komplexere und abstraktere Zusammenhänge begreifen. Mit ‚logo!‘ (ZDF), ‚Wissen macht Ah!‘ (WDR) oder „Triff…“ (KiKA/WDR/hr) finden sie passende Angebote. Abwechslungsreiche Animationsformate und Spielfilme bieten Spaß und Unterhaltung. Dokumentationen, Live-Action und Shows wie „Die beste Klasse Deutschlands“ (KiKA/hr/ARD) vermitteln ein Gefühl für Stimmungen und bauen Spannung auf.“
Katarina Schmieder von der Medienplattform Nuis hat diesen Verstoß gegen die Programmgrundsätze in ihrem Beitrag vom 1. März 2024 sehr zutreffend beschrieben:
ZDF logo! ist eine Nachrichtensendung, die sich an die Jüngsten richtet: Kinder im Alter zwischen acht und zwölf Jahren. Auf dem Instagram-Kanal der Sendung postet das ZDF einen Clip, in dem Kriegswaffen wie in einem Comic mit Kulleraugen animiert werden. Auch hier ganz deutlich die Zielgruppe: Kinder!
In dem Clip fordern verniedlicht dargestellte Waffen-Wesen, dass Deutschland Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine liefern soll. Der Clip spielt damit auf Olaf Scholz an, der die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper ablehnt. Der Bundeskanzler bekräftigte sein Nein in den letzten Tagen und verwies darauf, dass Deutschland nicht Kriegspartei an der Seite der Ukraine gegen Russland werden dürfe.
In dem kurzen Gespräch zwischen den Kriegsgeräten Taurus, Storm Shadow, Scalp und Leopard kommentieren die animierten Kriegswaffen die Entscheidung des Kanzlers hämisch mit „scholzen“. In den zahlreichen Kommentaren auf Instagram finden die Eltern klare Worte und kritisieren das ZDF scharf, dass mit dem Clip Kriegspropaganda in die Kinderzimmer getragen wird. Weiter kommentieren die User, dass es schlichtweg geschmacklos sei, todbringende Waffen als niedliche Figuren zu inszenieren. Verstörende Kriegswaffen-Propaganda für Kinder, bezahlt durch Gebühren...
Es bleibt die Frage, was genau die Intention der Macher dieses Clips ist. Sollen Kinder spielerisch lernen, wie ein Taurus-Marschflugkörper aussieht und was ein Leopard-Panzer ist? Sollen die Kinder ihre Eltern darauf hinweisen, dass die Entscheidung der Regierung falsch sei, weil Taurus gerne in den Krieg ziehen möchte?
Das ZDF versucht sich in den Kommentaren herauszureden und tut die Kritik der Eltern damit ab, dass es sich bei diesem Clip um ein Comedy-Format handeln würde.
Konkreter bringt es Ralf Schuler vom gleichen Medienportal auf dem Punkt:
„Wir Marschflugkörper müssten Olaf Scholz mal den Marsch blasen“, sagt ein sprechender „Taurus“-Marschflugkörper zu seinen britischen und französischen Freunden. Kinder-Quatsch-Comedy vom Kinderkanal: Marschflugkörper, Marsch blasen ... – verstehs‘te! Glucks! Wortspiel von der öffentlichen Spaßrakete.
Bei den Kindernachrichten von „ZDF logo!“ haben sie versucht, den Streit um die Waffenlieferungen an die Ukraine irgendwie kindgerecht aufzubereiten.
Um es mal klar zu sagen: Das Ergebnis ist nicht komisch. Es ist geschmacklos. Die Generation Zivildienst rüstet auf und beginnt damit im Kinderzimmer.
Krieg, ein lustiges Kinderspiel. Krieg ist kein Comicstrip. Ganz gleich, ob die Autoren der sprechenden Drohnen dem eigenen Wortspieltrieb beim Marschblasen erlegen sind oder einfach nur gedankenlose Wohlstandskinder sind: Wo eine „Taurus“ den Marsch bläst (480 Kilogramm Sprengstoff, 2 Meter Stahlbolzen zum Bunkerbrechen), bleibt kein Stein auf dem anderen und von Kanzler Scholz nicht viel übrig.
Doch es geht nicht nur um absolut unpassende Sprüche. Es geht um die zweckdienliche Verniedlichung von Krieg als plüschige Bauchredner-Nummer, bei der jedes Kind verstehen muss, dass dieser blöde Scholz im lustigen Tom-und-Jerry-Spiel den Wumms-Hammer verweigert. Eben noch hat „Im Westen nichts Neues“ Oscars gewonnen und weltweit Triumphe gefeiert, und jetzt wird Krieg zum unbeschwerten Kinderspiel nach Augsburger Puppenkisten-Manier.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Man kann und muss Kindern die Konflikte unserer Zeit erklären, aber sollte nicht in Muster zurückfallen, mit der früherer Regime schon versuchten, den Nachwuchs spielerisch ins Kanonenboot zu holen. Schwerter zu Pflugscharen und Picassos Friedenstaube haben die Welt nicht friedlicher gemacht.
Krieg ist eine sehr ernste Angelegenheit. Kindern den Eindruck zu vermitteln, Marschflugkörper und Kampfpanzer seien kleine niedliche Spielzeuge, ist nicht nur peinlich und unangemessen, sondern knallharte Kriegspropaganda. Die Infantilisierung des Krieges im Instagram Stil ist in Anbetracht der hunderttausenden toten Ukrainer und Russen menschenverachtend und mehr als unangebracht und stellt eine perfide Form von Kindeswohlgefährdung dar.
Die Politisierung und Mobilisierung von Schülern war und ist ein fester Bestandteil von undemokratischen Staaten. Kinder galten jeher als Zielscheibe der Kriegspropaganda.
Alle kriegführenden Staaten zielten mit intensiver Propaganda darauf ab, Kinder und Jugendliche in die Auseinandersetzungen mit einzubeziehen. Träger dieser Mobilisierung waren Eltern, Schulen und Vereine ebenso wie Bücher, Lieder und Spiele. Ziel der Ideologisierung war es, einen ‚gerechten Krieg’ zu vermitteln, Begeisterung in den Kindern zu wecken und sie für kriegsunterstützende Arbeiten zu gewinnen. … Die Gründe für die intensive Infiltrierung waren vielschichtig. Zum einen waren die Behörden bestrebt, Kinder und Jugendliche aktiv für die direkte Kriegsunterstützung zu gewinnen und sie als Arbeitskräfte zu nutzen. Zum anderen wurden Kinder als Multiplikatoren der Propaganda eingesetzt. Behörden spekulierten mit dem großen Einfluss, den sie auf die Eltern ausübten, wie aus einem Aktenvermerk des Ministeriums für Kultus und Unterricht hervorgeht: „Die Schuljugend werde über die Bedeutung der Aktion aufgeklärt und angeeifert, ihre Unterstützung des Elternhauses zu gewinnen. Begeisterungsfähig wird sich die Jugend dieser Aufgabe mit Eifer und nicht ohne Erfolg widmen, wenn man in Rücksicht zieht, wie empfänglich die Eltern für die Bitten ihrer Kinder sind.“ Über die Kinder konnten Normen, Werte und politisch gefärbte Wissensbestände an die Eltern und Familien vermittelt werden.
Im ersten Weltkrieg wurden auch Kinder und Jugendliche medial indoktriniert. Damals gab es noch kein tiktok aber die Intension war dieselbe:
Zu Kriegsbeginn war das Interesse an Kinderbüchern zum Kriegsthema und ihrer erzieherischen Funktion besonders groß. Neue Werke kamen auf den Markt und die Verleger beeilten sich, Kriegsversionen beliebter Klassiker aufzulegen. Diese Publikationen sollten Kinder von den vorgeblichen Ursachen und Zielen des Kriegs überzeugen. Vor allem die bebilderten Exemplare waren geprägt von nationalen Stereotypen und sollten Kinder mit ‚den guten Mittelmächten‘ vertraut machen und zugleich die gegnerischen Nationen stigmatisieren. In Geschichten verpackt wurden propagandistische Botschaften in emotionalisierten Bildern transportiert.
Beispielgebend dafür ist der 1915 erschienene „Kriegs-Struwwelpeter“, eine Neuauflage des zu jener Zeit sehr beliebten Kinderbuches. Bereits 1914 war in Großbritannien eine englische Fassung des Struwwelpeters erschienen. In der Ausgabe von Karl Ewald Olszewski wurden kriegerische Sujets eingebaut und die Figuren nach dem aktuellen Kriegsgeschehen modifiziert: Der Struwwelpeter mutierte zum garstigen Bombenpeter, eine Imitation König Peter I von Serbien, der Suppenkasper wurde von Blockaden-John abgelöst, der italienische Zappel-Pepo saß mit Vater Deutschland und Mutter Österreich am Tisch und fiel um (ein Verweis auf den Verrat durch Italien) und John Guck-in-die-Luft stürzte in die Dardanellen. …
Mit Fortlauf des Krieges rückten die Erzählungen zunehmend an die realen Erlebnisse der Leserschaft heran, griffen neue Themen (Kriegsgefangene, Rationierung, etc.) auf und verloren an Überzeugungskraft. Was die Kriegspublikationen allerdings über die Jahre verband, waren die nachdrücklich propagierten Ideale der Entbehrung und Pflichterfüllung und der Appell an den aufopfernden Patriotismus der heranwachsenden Generation.
Der tiktok-Beitrag auf un.logo „Keine Taurus für die Ukraine“ hat in seiner propagandistischen Herangehensweise die gleiche Intension, wie die oben angeführte Kriegspropaganda im ersten Weltkrieg. Dies verstößt nicht nur gegen die eigenen KIKA-Grundsätze, sondern auch gegen das Jungendschutzgesetz und den Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag). Der Verein wird daher parallel zur Programmbeschwerde auch beim zuständigen Jugendamt einen Antrag stellen, diese Verfehlung gegen § 15 Absatz 2 Nr. 2 Jungendschutzgesetz alternativ § 4 Absatz 1 Nr. 7 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (Kriegsverherrlichung) entsprechend zu prüfen.
Aus Gründen der Transparenz werden wir dieses Schreiben sowie weiteren Schriftverkehr zum Thema auf der Webseite des Vereins veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Torsten Küllig
Anlage 1: ZDF-Kindersendung verstört mit Kriegswaffen-Propaganda
Quelle: https://www.nius.de/medien/zdf-kinderse ... fd99807855
Anlage 2: Sonderbriefmarke „Für die Jugend“
z. Hd. Herrn Dr. Himmler
ZDF-Straße 1
55100 Mainz
Programmbeschwerde gemäß § 21 Abs. 2 der ZDF-Satzung wegen Verstoß gegen § 4 Absatz 1 Nr. 7 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag gegen den KIKA-Beitrag auf dem tiktok-Kanal un.logo „Keine Taurus für die Ukraine“
Anlage:
ZDF-Kindersendung verstört mit Kriegswaffen-Propaganda
Sonderbriefmarke „Für die Jugend“
Sehr geehrter Dr. Himmler,
ich erhebe formal Programmbeschwerde gegen den KIKA-Beitrag auf dem tiktok-Kanal un.logo (Bild Anlage 1) wegen Verstößen gegen die Rechtsgrundlagen und Vorschriften, die im ZDF-Staatsvertrag verankert und im gesetzlichen Auftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk definiert sind, insbesondere § 5 (1-3) sowie die internen Richtlinien des ZDF in Programmangelegenheiten. Darüber hinaus verstößt dieser Beitrag gegen § 15 Absatz 2 Nr. 2 Jugendschutzgesetz und § 4 Absatz 1 Nr. 7 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. (Kriegsverherrlichung)
Der tiktok-Kanal un.logo gehört zum Kinderkanal KIKA und liegt demzufolge in Ihrem Verantwortungsbereich als ZDF Intendant.
Die Mitarbeiter des ZDF orientieren sich an gemeinsamen Werten: Humanität, freiheitliche Demokratie, kulturelles Bewusstsein und unabhängiger Journalismus. Das ZDF ist seinem Fernsehpublikum verpflichtet. Es begegnet seinen Zuschauern mit Respekt und bietet ihnen Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit. Seine Programme sind den publizistischen, ethisch-moralischen und gesellschaftlichen Standards, sowie den rechtlichen Vorgaben der Sachlichkeit, Objektivität, Ausgewogenheit, Unabhängigkeit und Fairness verpflichtet. Das ZDF hat durch die Herausgabe der Mainzelmännchen-Sonderbriefmarke besonders hervorgehoben, für die Jugend zu sein. (Bild Anlage 2)
Diese an sich schon sehr hohen Kriterien sind bei einem Kinderkanal noch einmal höher zu bewerten. Das hebt der KIKA in seiner Selbstbeschreibung auch hervor:
„Für Grundschüler: Komplexes näherbringe:n Der Übergang vom Kindergarten zur Schule markiert für Kinder einen neuen Lebensabschnitt. Für sie beginnt auch eine neue Entwicklungsphase, in der sie komplexere und abstraktere Zusammenhänge begreifen. Mit ‚logo!‘ (ZDF), ‚Wissen macht Ah!‘ (WDR) oder „Triff…“ (KiKA/WDR/hr) finden sie passende Angebote. Abwechslungsreiche Animationsformate und Spielfilme bieten Spaß und Unterhaltung. Dokumentationen, Live-Action und Shows wie „Die beste Klasse Deutschlands“ (KiKA/hr/ARD) vermitteln ein Gefühl für Stimmungen und bauen Spannung auf.“
Katarina Schmieder von der Medienplattform Nuis hat diesen Verstoß gegen die Programmgrundsätze in ihrem Beitrag vom 1. März 2024 sehr zutreffend beschrieben:
ZDF logo! ist eine Nachrichtensendung, die sich an die Jüngsten richtet: Kinder im Alter zwischen acht und zwölf Jahren. Auf dem Instagram-Kanal der Sendung postet das ZDF einen Clip, in dem Kriegswaffen wie in einem Comic mit Kulleraugen animiert werden. Auch hier ganz deutlich die Zielgruppe: Kinder!
In dem Clip fordern verniedlicht dargestellte Waffen-Wesen, dass Deutschland Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine liefern soll. Der Clip spielt damit auf Olaf Scholz an, der die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper ablehnt. Der Bundeskanzler bekräftigte sein Nein in den letzten Tagen und verwies darauf, dass Deutschland nicht Kriegspartei an der Seite der Ukraine gegen Russland werden dürfe.
In dem kurzen Gespräch zwischen den Kriegsgeräten Taurus, Storm Shadow, Scalp und Leopard kommentieren die animierten Kriegswaffen die Entscheidung des Kanzlers hämisch mit „scholzen“. In den zahlreichen Kommentaren auf Instagram finden die Eltern klare Worte und kritisieren das ZDF scharf, dass mit dem Clip Kriegspropaganda in die Kinderzimmer getragen wird. Weiter kommentieren die User, dass es schlichtweg geschmacklos sei, todbringende Waffen als niedliche Figuren zu inszenieren. Verstörende Kriegswaffen-Propaganda für Kinder, bezahlt durch Gebühren...
Es bleibt die Frage, was genau die Intention der Macher dieses Clips ist. Sollen Kinder spielerisch lernen, wie ein Taurus-Marschflugkörper aussieht und was ein Leopard-Panzer ist? Sollen die Kinder ihre Eltern darauf hinweisen, dass die Entscheidung der Regierung falsch sei, weil Taurus gerne in den Krieg ziehen möchte?
Das ZDF versucht sich in den Kommentaren herauszureden und tut die Kritik der Eltern damit ab, dass es sich bei diesem Clip um ein Comedy-Format handeln würde.
Konkreter bringt es Ralf Schuler vom gleichen Medienportal auf dem Punkt:
„Wir Marschflugkörper müssten Olaf Scholz mal den Marsch blasen“, sagt ein sprechender „Taurus“-Marschflugkörper zu seinen britischen und französischen Freunden. Kinder-Quatsch-Comedy vom Kinderkanal: Marschflugkörper, Marsch blasen ... – verstehs‘te! Glucks! Wortspiel von der öffentlichen Spaßrakete.
Bei den Kindernachrichten von „ZDF logo!“ haben sie versucht, den Streit um die Waffenlieferungen an die Ukraine irgendwie kindgerecht aufzubereiten.
Um es mal klar zu sagen: Das Ergebnis ist nicht komisch. Es ist geschmacklos. Die Generation Zivildienst rüstet auf und beginnt damit im Kinderzimmer.
Krieg, ein lustiges Kinderspiel. Krieg ist kein Comicstrip. Ganz gleich, ob die Autoren der sprechenden Drohnen dem eigenen Wortspieltrieb beim Marschblasen erlegen sind oder einfach nur gedankenlose Wohlstandskinder sind: Wo eine „Taurus“ den Marsch bläst (480 Kilogramm Sprengstoff, 2 Meter Stahlbolzen zum Bunkerbrechen), bleibt kein Stein auf dem anderen und von Kanzler Scholz nicht viel übrig.
Doch es geht nicht nur um absolut unpassende Sprüche. Es geht um die zweckdienliche Verniedlichung von Krieg als plüschige Bauchredner-Nummer, bei der jedes Kind verstehen muss, dass dieser blöde Scholz im lustigen Tom-und-Jerry-Spiel den Wumms-Hammer verweigert. Eben noch hat „Im Westen nichts Neues“ Oscars gewonnen und weltweit Triumphe gefeiert, und jetzt wird Krieg zum unbeschwerten Kinderspiel nach Augsburger Puppenkisten-Manier.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Man kann und muss Kindern die Konflikte unserer Zeit erklären, aber sollte nicht in Muster zurückfallen, mit der früherer Regime schon versuchten, den Nachwuchs spielerisch ins Kanonenboot zu holen. Schwerter zu Pflugscharen und Picassos Friedenstaube haben die Welt nicht friedlicher gemacht.
Krieg ist eine sehr ernste Angelegenheit. Kindern den Eindruck zu vermitteln, Marschflugkörper und Kampfpanzer seien kleine niedliche Spielzeuge, ist nicht nur peinlich und unangemessen, sondern knallharte Kriegspropaganda. Die Infantilisierung des Krieges im Instagram Stil ist in Anbetracht der hunderttausenden toten Ukrainer und Russen menschenverachtend und mehr als unangebracht und stellt eine perfide Form von Kindeswohlgefährdung dar.
Die Politisierung und Mobilisierung von Schülern war und ist ein fester Bestandteil von undemokratischen Staaten. Kinder galten jeher als Zielscheibe der Kriegspropaganda.
Alle kriegführenden Staaten zielten mit intensiver Propaganda darauf ab, Kinder und Jugendliche in die Auseinandersetzungen mit einzubeziehen. Träger dieser Mobilisierung waren Eltern, Schulen und Vereine ebenso wie Bücher, Lieder und Spiele. Ziel der Ideologisierung war es, einen ‚gerechten Krieg’ zu vermitteln, Begeisterung in den Kindern zu wecken und sie für kriegsunterstützende Arbeiten zu gewinnen. … Die Gründe für die intensive Infiltrierung waren vielschichtig. Zum einen waren die Behörden bestrebt, Kinder und Jugendliche aktiv für die direkte Kriegsunterstützung zu gewinnen und sie als Arbeitskräfte zu nutzen. Zum anderen wurden Kinder als Multiplikatoren der Propaganda eingesetzt. Behörden spekulierten mit dem großen Einfluss, den sie auf die Eltern ausübten, wie aus einem Aktenvermerk des Ministeriums für Kultus und Unterricht hervorgeht: „Die Schuljugend werde über die Bedeutung der Aktion aufgeklärt und angeeifert, ihre Unterstützung des Elternhauses zu gewinnen. Begeisterungsfähig wird sich die Jugend dieser Aufgabe mit Eifer und nicht ohne Erfolg widmen, wenn man in Rücksicht zieht, wie empfänglich die Eltern für die Bitten ihrer Kinder sind.“ Über die Kinder konnten Normen, Werte und politisch gefärbte Wissensbestände an die Eltern und Familien vermittelt werden.
Im ersten Weltkrieg wurden auch Kinder und Jugendliche medial indoktriniert. Damals gab es noch kein tiktok aber die Intension war dieselbe:
Zu Kriegsbeginn war das Interesse an Kinderbüchern zum Kriegsthema und ihrer erzieherischen Funktion besonders groß. Neue Werke kamen auf den Markt und die Verleger beeilten sich, Kriegsversionen beliebter Klassiker aufzulegen. Diese Publikationen sollten Kinder von den vorgeblichen Ursachen und Zielen des Kriegs überzeugen. Vor allem die bebilderten Exemplare waren geprägt von nationalen Stereotypen und sollten Kinder mit ‚den guten Mittelmächten‘ vertraut machen und zugleich die gegnerischen Nationen stigmatisieren. In Geschichten verpackt wurden propagandistische Botschaften in emotionalisierten Bildern transportiert.
Beispielgebend dafür ist der 1915 erschienene „Kriegs-Struwwelpeter“, eine Neuauflage des zu jener Zeit sehr beliebten Kinderbuches. Bereits 1914 war in Großbritannien eine englische Fassung des Struwwelpeters erschienen. In der Ausgabe von Karl Ewald Olszewski wurden kriegerische Sujets eingebaut und die Figuren nach dem aktuellen Kriegsgeschehen modifiziert: Der Struwwelpeter mutierte zum garstigen Bombenpeter, eine Imitation König Peter I von Serbien, der Suppenkasper wurde von Blockaden-John abgelöst, der italienische Zappel-Pepo saß mit Vater Deutschland und Mutter Österreich am Tisch und fiel um (ein Verweis auf den Verrat durch Italien) und John Guck-in-die-Luft stürzte in die Dardanellen. …
Mit Fortlauf des Krieges rückten die Erzählungen zunehmend an die realen Erlebnisse der Leserschaft heran, griffen neue Themen (Kriegsgefangene, Rationierung, etc.) auf und verloren an Überzeugungskraft. Was die Kriegspublikationen allerdings über die Jahre verband, waren die nachdrücklich propagierten Ideale der Entbehrung und Pflichterfüllung und der Appell an den aufopfernden Patriotismus der heranwachsenden Generation.
Der tiktok-Beitrag auf un.logo „Keine Taurus für die Ukraine“ hat in seiner propagandistischen Herangehensweise die gleiche Intension, wie die oben angeführte Kriegspropaganda im ersten Weltkrieg. Dies verstößt nicht nur gegen die eigenen KIKA-Grundsätze, sondern auch gegen das Jungendschutzgesetz und den Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag). Der Verein wird daher parallel zur Programmbeschwerde auch beim zuständigen Jugendamt einen Antrag stellen, diese Verfehlung gegen § 15 Absatz 2 Nr. 2 Jungendschutzgesetz alternativ § 4 Absatz 1 Nr. 7 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (Kriegsverherrlichung) entsprechend zu prüfen.
Aus Gründen der Transparenz werden wir dieses Schreiben sowie weiteren Schriftverkehr zum Thema auf der Webseite des Vereins veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Torsten Küllig
Anlage 1: ZDF-Kindersendung verstört mit Kriegswaffen-Propaganda
Quelle: https://www.nius.de/medien/zdf-kinderse ... fd99807855
Anlage 2: Sonderbriefmarke „Für die Jugend“