Anmerkungen zum Thema "Wie sage ich es unserem Publikum"

Gesperrt
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7554
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

Anmerkungen zum Thema "Wie sage ich es unserem Publikum"

Beitrag von Maren »

Programmbeschwerde - Tagesschau-Ausgabe vom 9.8.16

Anmerkungen zum Thema "Wie sage ich es unserem Publikum"

Sehr geehrter Herr Marmor,

auch in der Tagesschau-Sendung vom 9.8.16 heisst es (wie leider üblich) zu Beginn:

"Guten Abend, meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur Tagesschau".

Diese Floskel ist verfehlt, und zwar nicht nur sprachlich. Nach dem Gongschlag 20 Uhr und während des Kamera-Aufzugs (erst das ARD-Logo, dann Blickrichtung ins hochgedimmte Studio) tönt es aus dem OFF: „Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau." Zwei Sekunden danach sagt der Sprecher im ON noch einmal, was der Zuschauer doch gerade selbst sieht:

„ … ich begrüße Sie zur Tagesschau."

Mit Verlaub, für wie deppert wird das Publikum gehalten?

Und nun: Wenn man "Guten Abend“ sagt, dann ist das bereits die Begrüßung. Die regelmäßig hier angefügte Erläuterung "Ich begrüße Sie“ ist eine peinliche Tautologie. Als ob dem Zuschauer nicht zuzutrauen wäre, dass er das "Guten Abend“ als Begrüßung kapiert. Nun denn, mit den nachfolgenden Nachrichten wird das Publikum ja ebenfalls allzu oft für dumm verkauft.…

Wir regen trotzdem gemäß § 13 NDR-Staatsvertrag an, zukünftig nur noch zu sagen: "Meine Damen und Herren, wir begrüßen Sie“ oder zum früher üblichen "Guten Abend, meine Damen und Herren“ zurückzukehren. Nicht jede Neuerung bewirkt eine Verbesserung, wie die Erfahrung lehrt, das gilt auch für manche sprachliche Allotria, die ARD-aktuell sonst noch so treibt.

Zum Beispiel:

Der Korrespondent Stefan Niemann: "Erst jetzt, 90 Tage vor den Wahlen, wächst der Widerstand gegen Trump". Was soll "erst jetzt" genau heißen? Hat es in der Vergangenheit keinen "wachsenden" Widerstand gegeben, war er nur gleichbleibend lau-lau? Das wäre eine Falschmeldung, denn der bisherigen Tagesschau-Berichterstattung zufolge hat es gegen Trump schon von Anbeginn Widerstand in der eigenen Partei gegeben. Jetzt, nur noch drei Monate vor den Wahlen, hätte der Spruch allenfalls lauten dürfen: „… wächst der Widerstand gegen Trump weiter…"

Niemann fährt fort: "Der (gemeint ist Trump) posaunte seine populistischen Parolen heraus…“ Wieder ein sprachlicher Missgriff, denn das Sprachbild „ausposaunen“ ist nur üblich beim lautstarken Verkünden von bis dato noch nicht Gesagtem, aber Herausposaune Niemann will ja auch nur für die Tagesschau referieren, dass Trump die von ihm bereits bekannten Parolen wiederholte.

Die erbärmliche Wortwahl hat nichts mit "Qualitätsjournalismus" zu tun, sie ist Gequatsche auf Stammtisch-Niveau. Wir regen an, Herrn Niemann professionellen Sprachunterricht angedeihen zu lassen.

Auf einer eingeblendeten Grafik war im gleichen Beitrag die Äußerung einer US-Senatorin über Trump zu lesen (in deutscher Übersetzung):
"Es ist eine Entscheidung die mir nicht leichtfällt.....Donald Trump spiegelt weder die historischen Werte der Republikaner wider noch die inklusive Herangehensweise, die entscheidend sind, um die Spaltung des Landes zu heilen..."
Ihre oft beklagte sprachliche Verlotterung, Ausdrucks- und Grammatikschwäche zeigt ARD-aktuell hier einmal mehr. Hinter das Substantiv „Entscheidung" gehört ein Komma, wir lesen schließlich einen Relativsatz. Was unter "Inklusive Herangehensweise" zu verstehen ist, wissen die Götter und ARD-aktuell-"Qualitätsjournalisten", ein durchschnittlicher Fernsehkonsument hingegen eher nicht. So ist das eben, wenn eine Redaktion keine eigenen interpretatorischen Fähigkeiten mehr abzurufen imstande ist, sondern sogar amerikanisches Englisch nur wortwörtlich ins Deutsche übersetzt. Dabei kommt solcher Quatsch heraus. Aber bitte, wenn Dr. Gniffke meint, dass regelmäßig ein Kontrakpunkt nötig sei, um das Selbstlob zu unterstreichen, ARD-aktuell drücke sich klar und allgemeinverständlich aus...

Lassen wir die Lachnummern und kommen wir zum Verstoß gegen die Programmgrundsätze:

"...das Assad-Regime bekämpft in Aleppo mit russischer Luftunterstützung aufständische Gruppen", heisst es in einer Syrien-Meldung. Die bewusst fälschliche Verwendung des Begriffes "aufständische Gruppen“ übertüncht, dass es sich bei den damit Gemeinten um Terroristen aus der gesamten Levante, der Golfregion, Saudi-Arabien und vielen anderen Ländern handelt, die von der Westlichen-Werte -Gemeinschaft (WWG) logistisch unterstützt werden (mit angeheuerten Milizionären, Geld, Waffen, Munition,Treibstoff und mit militärischem Knowhow sowie mit geheimdienstlichen Informationen über ihre Gegner); das Ziel ist nach wie vor, den syrischen Staat zu ruinieren und seine laizistische Regierung unter Assad zu beseitigen.

Deshalb, nochmal bitte mitschreiben: Aufständischer ist nur ein Mensch, der gegen seine eigene Obrigkeit bzw. einen ihm selbst aufgezwungenen Zustand kämpft, er kann auch als Rebell bezeichnet werden. Es mag solche in Syrien geben, doch bestimmen sie das Kriegsgeschehen in keiner Weise. Die Kämpfe um Aleppo werden von den (inzwischen umbenannten) Terroristen der Al-kaida und Al-Sharam geführt, überwiegend von Nicht-Syrern. Da Herr Schwenck und Herr Dr. Gniffke das sehr wohl wissen, muss davon ausgegangen werden, dass sie willentlich Terroristen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein werbewirksames und unentgeltliches Forum bieten.

Ein Verstoß gegen die Programmgrundsätze liegt damit vor, möglicherweise handelt es sich sogar um die Unterstützung ausländischer terroristischer Vereinigungen.

F. Klinkhammer und V. Bräutigam
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7554
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

Re: Anmerkungen zum Thema "Wie sage ich es unserem Publikum"

Beitrag von Maren »

Betreff: Ihre E-Mail vom 14. August 2016

Sehr geehrter Herr Klinkhammer,
sehr geehrter Herr Bräutigam,

in Ihrer E-Mail vom 14. August 2016 kritisieren Sie erneut die Berichterstattung von ARD-aktuell über Syrien.

Ich habe die verantwortliche Redaktion gebeten, zu Ihrer Kritik Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme finden Sie im Anhang.
Stellungnahme_Sprachregelung_geschwärzt.pdf
(817.4 KiB) 683-mal heruntergeladen
Mit freundlichen Grüßen

Lutz Marmor
Intendant des Norddeutschen Rundfunks
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7554
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

Re: Anmerkungen zum Thema "Wie sage ich es unserem Publikum"

Beitrag von Maren »

Guten Tag, sehr geehrte Frau Thümler, guten Tag, werte Rundfunkräte,

wir begrüßen Sie zur neuen Programmbeschwerde.

Zunächst ein paar Anmerkungen zu den sprachlichen Unzulänglichkeiten der Tagesschau:

Es ist erstaunlich, dass die Leitung des NDR die Redundanz der Begrüßungsformel nicht erkennen und wahrnehmen will. Wir wollen die Diskussion nicht weiter vertiefen, Selbstreflexion ist ohnehin nicht das Ding des NDR.

„Sodann erregen sich die Herren über „sprachliche Allotria" und führen als Beispiel einen Bericht unseres Korrespondenten Stefan Niemann ins Feld. Sie bezeichnen seine aus ihrer Sicht rhetorischen Verfehlungen als „Lachnummern" und unterstellen ihm und uns erbärmliche Wortwahl, sprachliche Verlotterung sowie Ausdrucks- und Grammatikschwäche."

Dass ARD-aktuell nicht zu den sprachlichen Vorbildern der Republik gehört, ist eine langjährige, vielmals bestätigte Erkenntnis, die selbst der ehemalige Moderator Uli Wickert beklagt und verbreitet. An den von uns genannten Beispielen zeigt sich ergänzend, dass ARD-aktuell noch immer nichts aus der öffentlichen Kritik lernen will. Herr Niemann, ein Auslandskorrespondent mit beschämenden sprachlichen Schwächen, Tadellosigkeit wie hier zu bescheinigen, ist ein markantes Beispiel für fehlende Bereitschaft zu selbstkritischer Betrachtung. Auf einer eigens hergestellten Tafel auch noch eklatante Grammatikfehler unterzubringen und mit „errare humanum“ wegwischen zu wollen, demonstriert das aufs Peinlichste. "Fehler sind menschlich"?

Profis sagen dazu: "Die Befähigung zu korrektem Schreiben erfährt in einer Gesellschaft hohe Anerkennung. Negativ formuliert bedeutet das: Erkennbare Mängel und Schwächen in der Rechtschreibung sind auffällig. Aus ihnen werden auf Mängel in der Person/Institution des Schreibers geschlossen".

In diesem Fall heisst das und bestätigt unsere Erfahrungen: Wer nicht richtig schreiben kann, der kann auch keine Nachrichten formulieren, oder: Wer nicht fähig ist, einen Infinitivsatz korrekt zu schreiben, dem ist auch nicht zuzutrauen, einen "Aufständischen" von einem "Terroristen" zu unterscheiden.

Wer Filme aus Ost-Aleppo mit plantschenden Kindern in gefüllten Badewannen sendet und dennoch behauptet, es bestünden für die Bevölkerung Aleppos lebensbedrohende Probleme mit der Wasserversorgung, der hat über die Grammatikschwäche hinaus auch noch Schwierigkeiten mit der Logik. Da kommt schon allerhand zusammen bei ARD-aktuell.

Wir wünschen den Rundfunkräten eine umfassende Beschäftigung mit der Programmbeschwerde und gutes Gelingen.

F. Klinkhammer und V. Bräutigam
Gesperrt

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Amazon [Bot], Bing [Bot] und 5 Gäste