ARD-Produktion „Schwarzes Meer und weiße Nächte“

Hier veröffentlichen wir externe Programmbeschwerden mit freundlicher Genehmigung der Beschwerdeführer. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die in den Beschwerden thematisierten Anliegen ausschließlich in der Verantwortung der jeweiligen Beschwerdeführer liegen und diese nicht automatisch die Meinung der Forenbetreiber wiederspiegeln.
Gesperrt
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7558
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

ARD-Produktion „Schwarzes Meer und weiße Nächte“

Beitrag von Maren »

Phoenix
Langer Grabenweg 45-47
53175 Bonn

Programmbeschwerde

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 18.06.2016 strahlten Sie auf dem Kanal „Phönix“ die ARD-Produktion „Schwarzes Meer und weiße Nächte“ aus.
Diese Produktion ist ein in das Format eines Reiseberichts verpacktes Propagandamärchen. Es wurden vorgefasste Meinungen zum Thema Russland transportiert, Voreingenommenheit, Klischees und Selbstgerechtigkeit spielten eine viel größere Rolle als die Suche nach Fakten. Vor allem fehlte jeglicher Versuch, die gezeigten Dinge einzuordnen in einen jeweils größeren, auf die Region bezogenen Kontext. Gesprächspartner wurden einseitig ausgewählt, die Interpretation war einseitig. Diese Machart entspricht nicht Ihrem Auftrag, unabhängig zu informieren.

Diese Kritik möchte ich an folgendem Beispiel erläutern:

Zum Ende des Zweiteilers zeigten Sie in Sankt Petersburg ein Segelschiff und Feuerwerk anlässlich des Schulabschlusses. Der Kommentator erläuterte, dies sei eine „Demonstration der Macht“. Das ist völliger Unsinn. Es dürfte Ihrem Team vor Ort nicht entgangen sein, dass diese sehr feierliche Art des Schulabschlusses lange Tradition hat, von Petersburger Bürgern, Eltern und Schülern organisiert wird und von Spenden finanziert wird. Auch das Sinnbild des Segelschiffs dürfte Ihrem Team vor Ort erläutert worden sein. Der Hintergrund der Veranstaltung wird jedoch in Ihrer Produktion verschwiegen, statt dessen wird bewusst etwas dazugedichtet, was ins antirussische Konzept der Sendung passt. Wenn Ihnen tatsächlich vor Ort diese Informationen vorenthalten worden wären, hätten Sie sich ganz einfach in einem Reiseführer informieren können. Folgendes stammt aus dem Internet von der deutschsprachigen Seite http://www.russlandjournal.de :
„Der Schulabschluss wird in Russland generell groß gefeiert. …Doch die „Scharlachroten Segel“ von St. Petersburg gelten als besonders romantisch, stimmungsvoll und farbenfroh. Der Höhepunkt der Feier ist die Einfahrt des majestätischen Segelschiffes mit leuchtend roten Segeln auf dem Newa Fluss zwischen der Eremitage und der Peter-Paul-Festung. Das Schiff ist ein Symbol der wahr gewordenen Träume, der Hoffnung und des Neuanfangs. Unter vollen Segeln und mit Rückenwind soll die russische Jugend in das neue Leben starten. Das Motto der Feier lautet: „Russland. Das Land der Möglichkeiten.“
Die erste Feier für Schulabsolventen mit dem Titel die „Scharlachroten Segel“ fand in St. Petersburg (damals Leningrad) 1969 statt und gehörte zehn Jahre lang zu einem der beliebtesten Feste der Stadt. 1979 entschied die damalige Regionalregierung, keine Feierlichkeiten mehr zu organisieren. 2005 wurde die Tradition wieder aufgenommen. Heute sind die „Scharlachroten Segel“ eine einzigartige Veranstaltung, die aus zwei Teilen besteht: Konzerte auf dem Land und einer Mega-Show mit Feuerwerk und der Einfahrt des Segelschiffes mit den scharlachroten Segeln auf dem Newa Fluss. Das magische Licht der Weißen Nächte erzeugt eine ganz besondere Stimmung.

Andere in der Sendung enthaltene Themen waren ähnlich voreingenommen gelagert:

- Odessa: Verzerrte Darstellung der Ereignisse am Gewerkschaftshaus, sehr eingeengte Auswahl der Gesprächspartner.

- Transnistrien: Einseitige Darstellung. Die Ursachen der Situation in Transnistrien werden gar nicht genannt. Ohne Rückblick in die Historie bleibt Ihre Betrachtung zwangsläufig auf dem Niveau von Geschwätz.

- Donbass: Die wahren Schuldigen an der Tötung von Zivilisten werden nicht genannt, es wird nicht darauf eingegangen, dass Kiew seine Verpflichtungen aus den Minsker Vereinbarungen nicht einhält und dass die Mitunterzeichner Deutschland und Frankreich ebensowenig dafür tun.

- Rumänien / Bulgarien:
Die wahre Stimmung in der Bevölkerungsmehrheit wird nicht erfasst, nur Einzelmeinungen herausgepickt welche ins ideologische Konzept der Sendung passen.

- Polen: Antirussische Hysterie wird gezeigt (anders kann man die beängstigende paramilitärische Aktivität der in Ihrem Film sehr wohlwollend dargestellten Bürgerwehren nicht erklären). Sie haben nicht die Mehrheitsmeinung erfasst, Sie
haben nicht nach Gründen der Hysterie geforscht (die liegen sicher nicht darin, dass Russland täglich mit dem Einmarsch drohen würde, sondern an der Tätigkeit von Politikern und polnischen Journalisten).

- Lettland: Nur ansatzweise wurde hier erahnbar, dass das Problem im Baltikum nicht in einem angeblich drohenden Einmarsch der Russen liegt, sondern an der Innenpolitik in Bezug auf die russischsprachige Minderheit. Wer den lettischen Sprachtest nicht besteht, bekommt keinen lettischen Pass, darf somit nicht wählen, darf keine öffentlichen Ämter ausüben, darf nicht einmal eine selbständige Tätigkeit ausüben. Egal ob sie / er in Lettland geboren wurde oder nicht. Die große russischsprachige Bevölkerungs-Minderheit wird ausgegrenzt. Die NATO und die assoziierten Geheimdienste sollen auf ihre Weise für innenpolitische Stabilität sorgen. Toll, unsere westlichen Werte.

- Litauen: Flüssiggasanlandung und –vergasung wurde als „Gasproduktion“ bezeichnet und das dann auch noch Unabhängigkeit genannt. Mit Verlaub, das ist lächerlich.

Dass dieses Flüssiggas nicht in Litauen gewonnen und verflüssigt wird sondern für teures Geld eingekauft wird, wurde verschwiegen. Bezüglich Kosten für Gas noch ein anderer Aspekt: In allen Beiträgen von ARD und ZDF zum Thema Kosten für Gas wird gern unterschlagen, dass auch die Fa. Gazprom bezüglich Preisbildung ein marktwirtschaftlich operierendes Unternehmen ist.

Zu jedem einzelnen der vorgenannten Themen hätte man sehr viel mehr Information und Hintergrundwissen transportieren können, wenn man sich den Themen unvoreingenommen und von mehreren verschiedenen Seiten genähert hätte. Es ist bedauerlich, dass Sie daraus nichts anderes gemacht haben als eine der üblichen Propaganda-Stories.

Die Sendung reiht sich ein in die tägliche Dämonisierung Russlands auf den Sendekanälen von ARD und ZDF. Wenn klar ist, wer der Feind ist, hat der Tag des deutschen Mainstream-Journalisten Struktur. Sie übersehen leider, dass Sie mit solcher ständigen teils offenen, teils unterschwelligen Propaganda direkt die ideologischen Grundlagen schaffen für die
Vorbereitung eines Krieges. Denken Sie bitte zukünftig bei der Zusammenstellung solcher Hetzsendungen einfach daran, dass ein Krieg in Europa auch Ihre eigenen Kinder und Enkel und Ihr persönliches Vermögen vernichten würde. Und daran, dass Ihr Publikum es leid ist, ständig diesen Schwall von Missgunst, Arroganz und Selbstgerechtheit über sich ergehen zu
lassen.

Ich behalte mir die Veröffentlichung dieser Beschwerde und Ihrer Antwort vor.

Mit freundlichen Grüßen

XXXXXXX*

*Der Name des Einsenders ist uns und der Sendeanstalt bekannt.
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7558
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

Re: ARD-Produktion „Schwarzes Meer und weiße Nächte“

Beitrag von Maren »

Sehr geehrter Herr XXXXXX,

vielen Dank für Ihre ausführliche inhaltliche Auseinandersetzung mit der Sendung "Schwarzes Meer und Weiße Nächte", die wir aufmerksam gelesen haben.

Wir haben diesen Zweiteiler vom ZDF fertig erstellt übernommen. Ich leite Ihr Schreiben daher in das ZDF weiter unter zuschauerredaktion@zdf.de .

Mit freundlichen Grüßen von phoenix

Mit freundlichen Grüßen
phoenix Zuschauerservice
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7558
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

Re: ARD-Produktion „Schwarzes Meer und weiße Nächte“

Beitrag von Maren »

Sehr geehrter Herr XXXXX,

vielen Dank für Ihre Beschwerde vom 02. Juli 2016 an die Kollegen von PHOENIX, die Ihre Beschwerde zuständigkeitshalber an den Fernsehrat des ZDF weitergeleitet haben und in der Sie eine Verletzung von Programmgrundsätzen in der ZDF-Produktion „Schwarzes Meer und weiße Nächte“ vom 18. Juni 2016 ansprechen.

Die Verantwortung für das Programm des ZDF trägt gemäß § 27 Abs. 1 des ZDF-Staatsvertrages der Intendant. Entsprechend der Beschwerdeordnung (§ 21 Absatz 2 der ZDF-Satzung) habe ich deshalb zunächst dem Intendanten Gelegenheit zu geben, Ihre Programmbeschwerde zu prüfen und innerhalb eines Monats zu beantworten. Hier bitte ich Sie um etwas Geduld. Zu Ihrer Information finden Sie die Beschwerdeordnung in der Anlage.

Ich habe aber sichergestellt, dass ich als Vorsitzende des Fernsehrates über den Fortgang der Angelegenheit unterrichtet bleibe. Sollten Sie mit der Antwort des Intendanten nicht zufrieden sein, so können Sie innerhalb eines Monats nach Zugang des Schreibens des Intendanten eine Behandlung Ihrer Beschwerde im Fernsehrat fordern. Ich werde diese dann an den zuständigen Programmausschuss des Fernsehrates als Beschwerdeausschuss weiterleiten.

Mit freundlichem Gruß
Dateianhänge
Beschwerdeordnung.pdf
(7.8 KiB) 832-mal heruntergeladen
Benutzeravatar
Maren
Beiträge: 7558
Registriert: 31. Januar 2014, 21:01
Wohnort: Bonn
Kontaktdaten:

Re: ARD-Produktion „Schwarzes Meer und weiße Nächte“

Beitrag von Maren »

Zweites Deutsches Fernsehen
Anstalt des öffentlichen Rechts
Intendant Herr Dr. Bellut
55100 Mainz

Ihr Schreiben vom 22.08.2016
Ihre Sendung „Schwarzes Meer und weiße Nächte“

Sehr geehrter Herr Dr. Bellut,

Ihr o. g. Antwortschreiben vom 22.08.2016 zeigt, dass Sie nicht willens sind, Kritik anzunehmen. Ich denke, dass Sie in journalistisch-handwerklicher Sicht bestimmt nicht voll hinter Ihren Antworten stehen. In ideologischer Sicht sicherlich, jedoch Ideologie sollte in Ihrem GEZ-finanzierten Programm außen vor bleiben gemäß Rundfunkstaatsvertrag.

Z. B. zum Thema der Schulabschluss-Veranstaltung „Scharlachrote Segel“ in Sankt Petersburg:

Sie beziehen sich allein auf meine Wiedergabe des Wortlauts Ihrer Sendung. Auf den Inhalt meiner Kritik gehen Sie nicht ein. Ob nun „Demonstration der Macht“ oder „Die herrschende Macht liebt die Inszenierung“ – es hat beides nichts mit der Veranstaltung „Scharlachrote Segel“ zu tun. Insofern wurde in Ihrer Sendung durchaus etwas hinzu gedichtet, was nichts mit der Veranstaltung zu tun hat, aber durchaus mit dem Konzept Ihrer Sendung.

Z. B. zu den Geschehnissen am Gewerkschaftshaus in Kiew:

Sie als Intendant wissen vermutlich, dass (unter anderem) bei diesem Textteil Ihrer Sendung die Einseitigkeit nicht im Wortlaut des Textes liegt, sondern in dem, was im Text unterschlagen wurde. Es wurde die klare Zuordnung von Ursache und Wirkung unterschlagen, Ross und Reiter werden nicht benannt. Es wurde unterschlagen, dass ein nationalistischer Mob friedliche Demonstranten in das Gewerkschaftshaus getrieben hat, dann dieses mit Molotow-Cocktails in Brand gesteckt hat, und diejenigen Personen, welche sich durch einen Sprung aus dem Fenster vor Feuer und Rauch retteten,
auch noch auf dem Boden liegend erschlagen wurden. Der Film „Masken der Revolution“ des französischen Canal+ berichtete dazu viel ausführlicher.

Außerdem Ihre Wortwahl „prorussisch“. In der Ukraine muss wohl eher von „pronationalistisch“ versus „pro-freiheitlich“ gesprochen werden. Sie wissen sicherlich, wie viele Journalisten dort in den vergangenen zwei Jahren ermordet wurden, nur weil sie um eine unabhängige Meinungsbildung bemüht waren und Korruption und neofaschistische Tendenzen kritisierten.

Z. B. zu den sehr wohlwollend dargestellten paramilitärischen Aktivitäten von Bürgerwehren in Polen:

Sie beziehen sich in Ihrem Schreiben darauf, dass Ihr Polen-Korrespondent die Situation so abbildet, wie sie sich vor Ort darstellt. Meinen Sie wirklich, dass Ihr Korrespondent in Polen allerorten Bürgerwehren sieht, welche den Krieg gegen Russland proben? Ich war einige Zeit in Polen beruflich tätig, ich kann die Situation durchaus beurteilen und kann einschätzen, dass Ihr Beitrag völlig einseitig ausgewählt war.

Sie schreiben ja selbst, es gehört zur journalistischen Freiheit, Themen innerhalb einer Sendung zu gewichten und einzuordnen. Dann müssen Sie sich auch hin und wieder dem Vorwurf der Einseitigkeit stellen, wenn die Gewichtung allzu einseitig erfolgte.

Sie teilen weiterhin mit, dass es Ihr Anspruch ist, in Ihren Sendungen ausgewogen und wahrheitsgetreu zu berichten. Dazu kann ich nur feststellen, dass Sie Ihrem Anspruch sehr oft nicht gerecht werden. Trotz üppiger GEZ-Zwangssubventionen. Insbesondere die als Meinung von Korrespondenten gekennzeichneten Beiträge sind „nicht den Fakten verpflichtet“, wie mir der öffentlich-rechtliche Sender MDR vor einigen Wochen in einer Antwort auf eine Programmkritik mitteilte. „Nicht den Fakten verpflichtet“ heißt für mich, es ist Zeitverschwendung, solcherart
Sendungen zu verfolgen.

Mit freundlichen Grüßen
XXXXXXXX*

*Der Name des Einsenders ist dem ZDF und uns bekannt.
Gesperrt

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste