Herrn Marmor
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Norddeutscher Rundfunk
Gremienbüro
Frau Pohl-Laukamp
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
Sehr geehrter Herr Marmor,
auch durch die Neuregelung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die geräteunabhängige Haushaltsabgabe werden einkommensschwache BürgerInnen – wenn sie nicht durch finanzielle Härtefallregelungen vom Rundfunkbeitrag befreit sind – überproportional und sozial ungerecht durch die Heranziehung zur Zahlung des Rundfunkbeitrages belastet.
Das betrifft insbesondere Studenten, Selbstständige, Rentner, Geringverdiener etc., die keine Sozialleistungen beziehen.
Zum Vergleich: Für die hier beschriebene Personengruppe macht der Rundfunkbeitrag von monatlich 17,50 € einen prozentualen Anteil ihres Einkommens von 4,4 % aus, für einen Großverdiener, wie bspw. einem Intendanten einer Rundfunkanstalt, lediglich um die 0,0009 %. Proportional gerecht wäre hier die Heranziehung des Großverdieners zu einer Zahlung von rund von 880 Euro monatlich.
Diese Rechnung mag polemisch anmuten, trifft aber den Kern des Problems.
Viele einkommensschwache Bürgerinnen geraten aus nachvollziehbaren Gründen in Zahlungsverzug und werden in Folge dessen mit Vollstreckungsersuchen der Rundfunkanstalten behelligt.
Im Vollstreckungsersuchen des Norddeutschen Rundfunks findet sich der bemerkenswerte Satz:
Unseres Wissens gibt es eine ganze Reihe von Erkenntnissen, die einer Billigkeit dieser Maßnahme widersprechen. Einige davon kann man hier nachlesen."Zur Pfändung von Sozialleistungen liegen uns keine Erkenntnisse vor, die der Billigkeit der Maßnahme widersprechen." Gezeichnet vom Intendanten
Eine auch nur ansatzweise Erwähnung bzw. Ermunterung zu "Pfändungen von Sozialleistungen" ist, laut Aussagen von Betroffenen, aus anderen zugänglichen Vollstreckungsersuchen nicht bekannt.
Es stellt sich demnach die Frage, aus welchem Grund explizit der NDR Vollstreckungsstellen dazu ermuntert, Sozialleistungen anzutasten, die eigentlich dazu gedacht sind, das Existenzminimum der BürgerInnen zu sichern, die sich ohnehin in prekären Lebenssituationen befinden.
Ganz gleich, ob und wie Pfändungen von Sozialleistungen im Einzelfall möglich sind, ist es geradezu verstörend, wenn Vollstreckungsstellen, die im Normalfall geschult im Beitreibungen von Forderungen sind, von einem Intendanten explizit auf mögliche weitere „Einnahmequellen“ hingewiesen werden.
Wir möchten Sie hiermit zu einer Stellungnahme auffordern, sowie im Interesse einer fairen, sozial ausgewogenen und solidarischen Gestaltung der „Demokratieabgabe“ künftig auf derartig unpopuläre Maßnahmen/Hinweise auf offiziellen Schreiben zu verzichten.
Zum Zwecke der Transparenz werden wir dieses Schreiben auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. Maren Müller
Vorsitzende