Sollten wir künftig, wenn sich die Nachrichtengebung des WDR mal wieder direkt in fiktionales Genre navigiert und sowohl die Regeln der Völkerverständigung als auch simple Anstandsregeln gegenüber bestimmten ausländischen Politikern ausblendet, direkt die Bundesregierung einschalten?
Der Deutschlandfunk griff die Story etwas ausführlicher auf, ohne auf zusätzliche Ausschmückungen bis hin zur immer wieder gern bemühten "Petersburger Trollfabrik", deren Existenz mehr als fragwürdig ist, zu verzichten. Und natürlich sind es wieder ausschließlich russische Medien, die Lügen in die Welt setzen.
Die Publizistin Dagmar Henn äußerte sich zur Causa auf Facebook wie folgt:
Der WDR und Poroschenkos Ruf
Da wird der Schokokönig aber dankbar sein - der WDR hat sich tatsächlich die Mühe gemacht, sich bei der russischen Botschaft zu beschweren, weil ein russischer Fernsehsender (nicht die russische Regierung) mit Bezug auf eine WDR-Mitarbeiterin erklärt hatte, Poroschenko sei auf einem Flug nach Moskau betrunken gewesen.
Wir übersehen einmal, dass das eine interessante Vorstellung der russischen Medienwelt ist, die nach Überzeugung des WDR wohl ohnehin komplett kremlgesteuert ist (aber woher sollten sie dann ihren propagandistischen Unsinn beziehen, für den sie immer Echo Moskau oder ähnliches als Quelle angeben), und tun einmal so, als wäre die Erklärung, diese Mitarbeiterin habe dergleichen nie gesagt, ganz und gar wahrhaftig (was ich natürlich nicht überprüfen kann).
Bleiben noch zwei Fragen: erstens, warum hält der WDR die Frage, ob Porko eine Schnapsnase ist oder nicht, für so bedeutsam, dass er gleich diplomatische Kanäle bemüht, und, macht er das immer so, gleich, um welche Schnapsnase es sich handelt, oder ist das eine Art Poroschenko-Spezial-Ehrengarde? Und zweitens, glaubt der WDR ernstlich, mit diesem so unsinnigen wie peinlichen Manöver die Weltöffentlichkeit davon überzeugen zu können, dass Poroschenko keine Schnapsnase ist, obwohl nicht nur das berühmte Video mit seinen Sätzen "Unsere Kinder werden in die Schule gehen, ihre Kinder werden im Keller sitzen" ein recht deutliches Indiz dafür ist, sondern sogar das Video seiner Rede vor der UN-Vollversammlung an der Menge der täglich von ihm nüchtern verbrachten Zeit schwer zweifeln lässt?
Oder geht es eigentlich darum, dass der WDR mit dieser brisanten Enthüllung nicht in Verbindung gebracht werden will?
Oder ist das gar eine subversive Strategie, der deutschen Politik, die Herrn Poroschenko nach wie vor hofiert, auf unverfängliche Weise zu bedeuten, dass die Zurechnungsfähigkeit dieses Herrn gewissen Schranken unterliegt? Nur, falls ihnen jener diskrete, allererste Hinweis für völlig Ahnungslose durch jenen wohl relativ kleinen russischen Sender entgangen sein sollte?
Was davon auch immer wahr ist, die russische Botschaft hatte ´mit diesem Schreiben mit Sicherheit ebensoviel Spass wie ich beim Lesen dieses Artikels. Wie gut, dass es kein Geruchsfernsehen gibt. Sonst wäre uns dieses Vergnügen entgangen.